Deutsche Forscher stoßen in Vietnam auf Fossilien

Hanoi/Tübingen – Deutsche Forscher stießen in Vietnam auf Fossilien aus dem späten Eozän, die Einblicke in die Ausbreitung einer selten gewordenen Tiergruppe gibt.  Dabei handelt es sich um eine etwa 47 Millionen Jahre alte Familie von Unpaarhufern. Diese einst sehr erfolgreiche Tiergruppe, die hunderte von verschiedenen Arten hervorbrachte, war auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet.

Einen Einblick in die evolutionäre Verzweigung und die Ausbreitung dieser Tiere gibt der aktuelle Fund, der im vietnamesischen Braunkohletagebau Na Duong gemacht wurde: Forscher der Uni Tübingen und des Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment fanden Fossilien einer 37 Millionen Jahre alten Nashornart, die sie Epiaceratherium naduongense nannten.

Verwandtschaftsbeziehungen

Das überraschende an dieser Spezies, die ihrer Anatomie nach ein Waldbewohner gewesen sein dürfte, ist ihre enge Verwandtschaft zu fossilen Arten, die aus europäischen Fundorten bekannt sind. Die Nashorn-Spezies Epiaceratherium bolcense lebte einst im heutigen Italien, die verwandte Spezies Epiaceratherium magnum im heutigen Bayern.

Mit den Epiaceratherium-Funden aus Na Duong konnte das Forschungsteam um Madelaine Böhme belegen, dass einige europäische Arten in Südostasien ihren Ursprung hatten. Die gesammelten Fossilienfunde zeigen, dass Nashörner spätestens vor 33 Millionen Jahren Kontinentaleuropa erreichten und sich im gesamten Gebiet verbreiteten.

Weitere Funde

In der Fundstätte Na Duong, die vor 37 Millionen Jahren zu einem subtropischen Sumpfwald mit bis zu 35 Meter hohen Bäumen gehörte, wurden bei der jüngsten Grabungskampagne außerdem noch einige andere neue Spezies identifiziert. Neben drei neuen Krokodil- und mehreren Schildkrötenarten melden die Tübinger Forscher auch die Entdeckung eines Großsäugetiers mit der Bezeichnung Bakalovia orientalis.

Dabei handelte um einen schweineähnlichen Paarhufer, der mit den späteren Flusspferden nah verwandt war und semiaquatisch gelebt haben dürfte. Und auch diese Art hatte nahe Verwandte in Europa, nämlich auf der sogenannten Balkano-Rhodopen-Insel. Eine Fundstätte im heutigen Bulgarien lieferte Fossilien eines Tiers, das dem südostasiatischen Paarhufer sehr ähnlich war.

Die Bakalovia-Funde von Na Duong weisen jedoch noch eine weitere interessante Besonderheit auf: Nämlich Spuren von Angriffen durch Krokodile – tatsächlich lebten dort einst Krokodile von bis zu sechs Metern Länge.

Südostasien gilt seit langem als Hotspot der Biodiversität, wie das Tübinger Senckenberg-Forschungsinstitut erklärte. Seit einigen Jahrzehnten vermuten Forscher, dass im späten Eozän, vor ca. 38 bis 34 Millionen Jahren, enge Beziehungen zwischen der Tierwelt in dieser Region und Europa bestanden – einem Europa allerdings, das damals noch keine einheitliche Landmasse war: Das heutige Italien etwa war Teil einer Inselkette im Tethys-Ozean, die sich über mehrere tausend Kilometer zwischen dem späteren Europa und Indien erstreckte. Quelle: derStandard

Foto: Fossile Überreste des flusspferdähnlichen Paarhufers Bakalovia orientalis aus dem Eozän. Foto: senckenberg