DIHK: Gesundheitswirtschaft unter Druck 

Berlin – Fachkräftemangel, schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, ein konfliktreicher Welthandel – das bekommt auch die Gesundheitswirtschaft in Deutschland immer mehr zu spüren. Die Geschäftserwartungen in der Branche sind laut einer DIHK-Befragung unter rund 800 Unternehmen der Gesundheitswirtschaft so zurückhaltend wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Insbesondere im Bereich der Medizintechnik und beim Handel mit Gesundheitsgütern blicken die Betriebe deutlich weniger optimistisch in die Zukunft. Insgesamt sind die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft aber nach wie vor zuversichtlicher als die Gesamtwirtschaft. In den Hauptexportbranchen der Gesundheitswirtschaft – Medizintechnik und Pharmabranche – trüben sich die Exporterwartungen aufgrund zahlreicher Handelskonflikte und wegen des wachsenden Protektionismus auf vielen Märkten zwar ein. Sie liegen sie jedoch immer noch weit über dem Durchschnitt. Dabei profitiert die Gesundheitswirtschaft davon, dass konjunkturelle Schwankungen bei ihr geringer ausfallen als in anderen Branchen.

Hohe wirtschaftspolitische Risiken

Die Gesundheitswirtschaft ist durch einen sehr hohen Regulierungsgrad geprägt. Die Unternehmen bewegen sich in einem systembedingten Spannungsverhältnis zwischen Innovationsoffenheit, Qualitätssicherung und Finanzierbarkeit. Ihre Geschäftsentwicklung hängt deshalb stark von den politischen Entscheidungen in den Bereichen Gesundheit und Pflege ab. Restriktive Maßnahmen verhindern zunehmend die Markteinführung von innovativen Produkten und Leistungen. Die neue EU-Verordnung für Medizinprodukte baut ab Mai 2020 neue regulatorische Hürden für innovative Medizinprodukte auf und macht es den vielen kleinen und mittleren Unternehmen schwerer, neue Produkte und Anwendungen in die Praxen, Krankenhäuser und zu den Patienten zu bringen. Das könnte am Ende sogar den medizinischen Fortschritt gefährden. Außerdem gibt es immer noch zu wenig Zertifizierungsstellen, um sichere Medizinprodukte zuzulassen.

In einer Anfang des Jahres veröffentlichten Unternehmensbefragung ermittelte der DIHK zusammen mit dem Industrieverband SPECTARIS die Betroffenheit durch die neue Verordnung. Dabei zeigte sich, dass fast 80 Prozent der rund 300 befragten Medizintechnikunternehmen mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen, künftig innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Im Handel mit Gesundheitsgütern leiden die Unternehmen insbesondere unter unklaren Regeln zum Versandhandel verschreibungspflichtiger Medikamente. Risiken ergeben sich auch aufgrund der geplanten Einführung des elektronischen Rezeptes.

Top-Geschäftsrisiko ist weiterhin der Fachkräftemangel

Das Top-Geschäftsrisiko für die Gesundheitsbranche bleibt der Fachkräftemangel: 65 Prozent der Betriebe sind besorgt über zu wenig Nachwuchs und Personal – insbesondere in pflegenahen Berufen. Hier hat der demografische Wandel gleich zweifachen Einfluss: Zum einen fehlen Nachwuchskräfte, zum anderen steigt aufgrund der zunehmenden Zahl älterer Menschen der Pflegebedarf. Da die anderen Branchen der Gesundheitswirtschaft nicht so personalintensiv sind, spüren sie den Fachkräftemangel im Vergleich etwas weniger, aber immer noch deutlich.

Gesundheitswirtschaft bleibt Jobmotor

Die Beschäftigungsabsichten in der Gesundheitswirtschaft gehen insgesamt zwar etwas zurück, liegen jedoch nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Ausgebaut werden vor allem personalintensive Tätigkeiten, etwa in der Altenpflege. Die Suche nach geeigneten Fachkräften gestaltet sich schwierig; offene Stellen bleiben daher lange unbesetzt. Zurückhaltend bei ihren Personalplänen sind vor dem Hintergrund der neuen EU-Verordnung über Medizinprodukte die Betriebe der Medizintechnik und der Handel mit Gesundheitsgütern: Die DIHK-SPECTARIS-Erhebung ergab, dass 25 Prozent der befragten Unternehmen sogar Arbeitsplätze abbauen wollen, weil der neue Rechtsrahmen die Vermarktung innovativer Produkte erschwert.