Cupertino – Apple holt sich eine weitere Schlüsseltechnologie seiner iPhones ins eigene Haus: Der Konzern kauft Intel die Mehrheit seiner auf Smartphone-Modems spezialisierten Sparte ab. Es dürften allerdings noch einige Jahre vergehen, bis iPhones mit hauseigenen Modemchips ins Netz gehen.
Mit dem etwa eine Milliarde Dollar (900 Millionen Euro) schweren Deal werden rund 2.200 Mitarbeiter zu Apple wechseln, ein großer Teil davon in Deutschland. Intel wird weiterhin die Möglichkeit haben, Mobilfunkmodems zum Beispiel für PCs, autonome Autos sowie vernetzte Geräte im Internet der Dinge zu entwickeln, wie die Unternehmen am Donnerstag mitteilten.
5G – Zentraler Baustein des Mobilfunks
Modems sorgen dafür, dass sich die Smartphones in Mobilfunknetze einwählen können. Das allein macht sie zu einem zentralen Bauteil der Computerhandys – und mit den kommenden superschnellen 5G-Netzen wird ihre Bedeutung noch weiter steigen.
Der Zukauf passt zu Apples Strategie, die wichtigsten Technologien für seine Geräte selbst in der Hand zu haben. Das Paradebeispiel dafür war die Entscheidung, eigene Prozessoren für iPhones und iPads sowie die Computer-Uhr Apple Watch zu entwickeln. Das gibt dem Konzern unter anderem die Möglichkeit, Leistung und Architektur der Chips an die Bedürfnisse der Geräte anzupassen. Dabei konnte Apple mehrfach das Innovationstempo vorgeben: So bekamen die iPhones seinerzeit als erste Smartphones Chips mit 64-Bit-Technologie für mehr Leistung sowie Prozessoren auf Basis der 7-Nanometer-Technik, bei der Schaltkreise enger gesetzt werden können.
Apple ist stark von Zulieferern abhängig
Bei den Modems ist Apple bisher dagegen stark von Zulieferern abhängig gewesen – vor allem von Qualcomm und Intel. Qualcomm ist ein bekannter Anbieter in der Branche und liefert neben Modems auch die Hauptprozessoren vieler Android-Smartphones. Das Geschäftsmodell des Konzerns ist jedoch umstritten, vor allem wegen seiner Politik, den Kauf einer Lizenz für seine Patente zur Voraussetzung für Chiplieferungen zu machen.
Qualcomm lieferte zeitweise exklusiv Modemchips für iPhones, dann holte Apple Intel als zweiten Lieferanten ins Boot. Intel war in das Geschäft im Jahr 2010 mit dem Kauf der entsprechenden Sparte der deutschen Halbleiterfirma Infineon eingestiegen. Zwischen Apple und Qualcomm entbrannte unterdessen ein heftiger Streit. Der iPhone-Konzern warf dem Chipspezialisten unter anderem überhöhte und unfaire Preise vor, Qualcomm konterte mit dem Vorwurf der Patentverletzung.
Apple auf Deal mit Qualcomm angewiesen
Der festgefahrene Streit wurde vor einigen Monaten überraschend beigelegt – noch während Anwälte von Apple und Qualcomm Spitzen im zentralen Prozess in Kalifornien austauschten. Die Einigung sieht vor, dass Qualcomm Apple mehrere Jahre Modemchips liefern wird. Laut Medienberichten könnte eine entscheidende Rolle dafür gespielt haben, dass Intel Probleme bei Modems für den kommenden 5G-Datenfunk hatte. Demnach musste sich Apple auf einen Deal mit Qualcomm einlassen, um wenigstens die iPhone-Modelle des Jahres 2020 mit 5G-Modems ausstatten zu können. Intel kündigte dagegen nach Bekanntgabe von Apples Einigung mit Qualcomm an, aus dem Geschäft mit Smartphone-Modems auszusteigen.
Hinweise darauf, dass Apple am Modemgeschäft interessiert ist, gab es schon seit einiger Zeit. Unter anderem legte der Konzern einen Standort unweit der Qualcomm-Zentrale in San Diego an und warb auch Mitarbeiter ab. Die Webseite „The Information“ berichtete, bei Einstellungsgesprächen sei das Jahr 2025 als Zielmarke für eigene Modems genannt worden. Die Kontrolle über die Intel-Sparte könnte den Zeitplan beschleunigen. Und eine Integration des Modems in den hauseigenen Hauptprozessor würde helfen, die Geräte noch ein Stück weit kompakter zu machen. Apple arbeitet auch daran, Technologie für Grafikchips für seine Geräte federführend selbst zu entwickeln.
Schutz gegen zukünftige Qualcomm-Patentklagen
Gleichzeitig bekommt der iPhone-Konzern mit dem Zukauf der Intel-Sparte einen Patentschatz in die Hand, der als Abschreckung gegen mögliche künftige Patentklagen von Qualcomm dienen könnte. Branchenexperte Geoff Blaber von der Analysefirma CCS Insight schätzt allerdings, dass für Apple noch weitere Übernahmen notwendig werden könnten, um eigene Modems zu bauen.
Schon seit längerem wird auch spekuliert, Apple könnte bei seinen Mac-Computern von Intel-Chips auf Prozessoren aus eigener Entwicklung umsteigen. In den vergangenen Jahren hatte es wiederholt Situationen gegeben, in denen Verzögerungen in der Chipentwicklung bei Intel das Tempo bei der Markteinführung neuer Apple-Computer bestimmten. Zugleich wäre ein solcher Umstieg eine große technische Herausforderung – Apple müsste eine Lösung finden, um Intel-kompatible Programme auf den Geräten laufen zu lassen. (APA)