BERLIN – Die deutsche Photovoltaik-Industrie steht vor einer großen Herausforderung. Die massive Konkurrenz aus China, die zu einem Ãœberangebot und einem Preisverfall auf dem europäischen Markt geführt hat, bedroht die Existenz vieler heimischer Hersteller. Die Branche fordert daher mehr Unterstützung von der EU, um sich gegen Dumping und unfaire Handelspraktiken zu wehren. Doch wie sieht die Zukunft der deutschen Photovoltaik-Industrie aus? Kann sie sich gegen die chinesische Dominanz behaupten oder droht ihr ein erneuter Niedergang?
Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir zunächst einen Blick auf die aktuelle Situation werfen. Deutschland war einst ein Vorreiter in der Photovoltaik-Technologie und hatte einen weltweiten Marktanteil von über 20 Prozent. Doch seit 2012 ist die Produktion von Solarmodulen in Deutschland um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Viele Unternehmen mussten Insolvenz anmelden oder wurden von chinesischen Investoren übernommen.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Die chinesischen Hersteller profitieren von günstigen Produktionsbedingungen, staatlichen Subventionen, niedrigen Umwelt- und Sozialstandards und einer aggressiven Exportstrategie. Sie können ihre Module zu Preisen anbieten, die weit unter den Herstellungskosten liegen. Das führt zu einem ungleichen Wettbewerb, der die europäischen Hersteller aus dem Markt drängt.
Die EU hat zwar versucht, mit Anti-Dumping-Zöllen und Mindestimportpreisen gegenzusteuern, doch diese Maßnahmen wurden 2018 wieder aufgehoben. Seitdem ist der Import von chinesischen Solarmodulen nach Europa wieder stark angestiegen. Die europäische Photovoltaik-Industrie befürchtet nun, dass sie erneut unter die Räder kommt. Sie fordert daher eine stärkere Regulierung des Marktes, eine bessere Förderung der Forschung und Entwicklung, eine höhere Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten und eine stärkere Integration in die europäische Energie- und Industriepolitik.
Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer für die deutsche Photovoltaik-Industrie. Zum einen hat die EU-Kommission im September 2020 eine neue Industriestrategie vorgestellt, die unter anderem die Schaffung einer europäischen Wertschöpfungskette für Solarenergie vorsieht. Dabei sollen nicht nur die Herstellung von Solarmodulen, sondern auch die Bereiche Zellfertigung, Waferproduktion, Materialien und Ausrüstung gefördert werden. Zum anderen gibt es in Deutschland einige innovative Unternehmen, die sich auf Nischenmärkte spezialisiert haben oder neue Technologien entwickeln. Zum Beispiel setzt das Unternehmen Meyer Burger auf hochwertige Heterojunction-Zellen, die einen höheren Wirkungsgrad haben als herkömmliche Zellen. Das Unternehmen Sonnenstromfabrik produziert Glas-Glas-Module, die langlebiger und recyclingfähiger sind als herkömmliche Module. Und das Unternehmen Oxford PV arbeitet an der Entwicklung von Perowskit-Solarzellen, die eine noch höhere Effizienz versprechen.
Die deutsche Photovoltaik-Industrie hat also noch Potenzial, sich auf dem globalen Markt zu behaupten. Doch dafür braucht sie mehr Unterstützung von der Politik und mehr Investitionen in Innovation und Qualität. Nur so kann sie sich gegen die chinesische Konkurrenz durchsetzen und einen Beitrag zur Energiewende leisten. (ZI)