Berlin/Beijing – Dynamische Urbanisierungsprozesse prägen weite Teile der Welt, besonders in China. Die junge Bevölkerung wandert in die Städte, wohingegen viele ältere Menschen und Kinder in den ländlichen Gegenden zurückbleiben. Während im deutschen Hinterland Bahnstrecken stillgelegt werden und die digitale Infrastruktur mangelhaft ist, begegnet man der Landflucht in China mit neuen Schnellzugtrassen und der Breitbandversorgung bis ins hinterste Bergdorf.
Aber auch Architektur im kleinen Maßstab schafft positive Zukunftsperspektiven für die kulturelle, soziale sowie ökonomische Entwicklung. In der bergigen Landschaft der Region Songyang plante die Architektin Xu Tiantian in Zusammenarbeit mit der engagierten Provinzregierung und der lokalen Bevölkerung kluge architektonische Akupunkturen, durch die eine Art neues „rurales Selbstbewusstsein“ entstanden ist.
 Mit „Rural Moves – The Songyang Story“ eröffnet das Aedes Architekturforum ein neues Kapitel in der langen und freundschaftlichen Beziehung, die die international tätige Kultureinrichtung in Berlin seit fast zwei Jahrzehnten mit China aufgebaut hat. In der Fortsetzung dieses gegenseitigen Austauschs erkunden Aedes und ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory nun das Hinterland von China.
Nicht nur dort, auch in Europa und weltweit wurde die Revitalisierung ländlicher Regionen lange Zeit vernachlässigt und hat in Folge große sozioökonomische und politische Herausforderungen verursacht.
Spannende Impulse zur Verbesserung ländlicher Lebensräume
Architektur spielt bei der Entwicklung großer Infrastrukturprojekte und auch bei kleineren Lösungen eine wesentliche Rolle. In China lassen sich seit einigen Jahren bemerkenswerte Ansätze in innovativen Bauprozessen finden, die vorhandene Ressourcen und oft schon vergessene handwerkliche Traditionen einbinden. Obgleich nicht alle gemachten Erfahrungen direkt auf europäische Verhältnisse übertragbar sind, geben die von Aedes aufgespürten Beispiele in der Region Songyang spannende Impulse für die Diskussion über die Verbesserung anderer ländlicher Lebensräume.
Die Ausstellung „Rural Moves – The Songyang Story“ widmet sich der Beobachtung einer progressiven Zusammenarbeit zwischen der Pekinger Architektin Xu Tiantian (DnA_Design and Architecture) und der kommunalen Regierung, die für das südwestlich von Hangzhou in der Zhejiang Provinz gelegene Songyang verantwortlich ist.
Mit etwa vierhundert Dörfern erstreckt sich die Region über das am Fluss Songyin gelegene Tal und die umliegenden Bergregionen. Die besondere Landschaft mit sanften Hügeln, schroffen Felswänden, Reisfeldern und Teeplantagen lässt sich in der traditionellen chinesischen Literatur und in vielen Gemälden wiederfinden. Vor diesem beeindruckenden Hintergrund und mit dieser authentischen Kultur ist Songyang schon seit langer Zeit ein beliebtes Reiseziel – vor allem für Bewohner der Großstädte. Zugleich hat sich dort durch verschiedene Modernisierungsmaßnahmen in den letzten Jahren auch ein neues, lebendiges sozio-ökonomisches Gefüge entwickelt.
Konkrete Perspektiven für Landbewohner
Um weitere Anreize für das „Bleiben“ als auch für eine Rückkehr der Städter zu schaffen, arbeitet die Regierung zusammen mit der Architektin Xu Tiantian an weiteren Strategien für die Gesamtentwicklung von Songyang. Neben einer guten Anbindung durch Fernstraßen entstehen zur Zeit ein Anschluss an das Highspeed-Bahnnetz sowie ein regionaler Flughafen.
Zudem lassen sich innovative Projekte wie zum Beispiel ‚Organic Farming‘ oder ‚Sustainable Tourism‘ finden, bei denen der Architektur eine wichtige Rolle zukommt. Allein 80 Fabriken, die den neuen Anforderungen zum CO2 Ausstoß nicht entsprochen hatten, wurden in den letzten Jahren geschlossen sowie teilweise abgerissen und selbst eine in China bis dahin noch unübliche Mülltrennung wird konsequent durchgeführt.
Xu Tiantian hat 
bereits in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Dorfgemeinschaften, der kommunalen Regierung und ortsansässigen Handwerkern eine Vielzahl von Interventionen auf Mikroebene umgesetzt. Dazu zählen unter anderem die „Brown Sugar Factory“ im Dorf Xing, das Dorfgemeinschaftshaus in Pingtian Village, ein Teehaus und ein Pavillon im Damushan Valley. Bei allen Gebäudeentwürfen fand die Architektin Inspiration in der gebauten Geschichte von Songyang und erweiterte sie um zusätzliche Elemente und Funktionen, was der ländlichen Gegend ein dynamisches und organisches Wachstum verschafft und der neuen Generation moderner Landbewohner konkrete Perspektiven bietet.
„Rural Moves – The Songyang Story“ zeigt neun realisierte Projekte und erläutert sie mit Modellen, Plänen und Fotografien sowie durch eine Filminstallation, die die neue Architektur, die Kultur und Geschichten der Menschen in Songyang vorstellt.
Zur Ausstellung entsteht ein Aedes Katalog.
Weitere Informationen unter http://www.aedes-arc.de/cms/aedes/de/programm?id=18225737
Eröffnung: Freitag, 16. März 2018, 18.30 Uhr
Ausstellungsdauer: 17. März – 7. Juni 2018
Ort: Aedes Architekturforum, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag-Freitag 11-18.30 Uhr, Sonntag-Montag 13-17 Uhr
Sonderöffnung: Samstag, 17. März 2018, 13-17 Uhr
Symposium: Freitag, 16. März 2018, 16.30 Uhr
Ort: ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin
Zur Eröffnung sprechen:
Dr. h.c. Kristin Feireiss Aedes, Berlin
Ping Chen Botschaftsrat für Kultur, Botschaft der Volksrepublik China
Xie Yazhen Vizebürgermeisterin, Songyang
Xu Tiantian DnA_Design and Architecture, Peking