Hannover – Die bevorstehende neue CEBIT ist in aller Munde. Europas Business Festival für Innovation und Digitalisierung ist komplett neu aufgestellt und ein modernes B2B Event Format für Fachbesucher. Konferenz und Ausstellung fokussieren neueste Technologien und Entwicklungen der Digitalisierung von Wirtschaft, öffentlicher Hand und Gesellschaft. Ergänzt wird das Set-up durch eine einzigartige Networking Atmosphäre auf dem d!campus.
Gastbeitrag von Jan Nintemann, Gründer des Kompetenzzentrums „Center of Smart Building“
Bereits in den vergangenen Jahren zeigten sich Veränderungen; Industrie 4.0, M2M, Internet of Things: immer mehr drängten sich die Themen der digitalen Transformation auf das Messegelände, denn diese sind nun mal softwaregetrieben und größtenteils IPbasierend – Kernkompetenzen der ITK-Spezialisten also. Aus Computer wird Digital – die künstliche Intelligenz hat längst das Computergehäuse verlassen und befindet sich zukünftig in immer mehr kleinen Steuerungs-Kästchen in und an Gebäuden sowie Geräten oder Maschinen und ist mobil unterwegs. Alles wird mit allem vernetzt – die Digitalisierung verändert nach und nach unsere Lebens- und Arbeitswelten. Und damit einher geht das Abgreifen von Daten (Nutzerverhalten zwecks optimierter Steuerung von Konsum oder als Grundlage für militärische Aktionen – Big Data eben).
Fest steht: Der wachsenden Gefahr von Cyberattacken kann nur durch adäquaten und konsequenten Ausbau von IT Security-Strukturen vorgebeugt werden. Der IT SecurityMarkt wächst also parallel mit dem Smart Building-Markt mit. Auch darum wird die CEBIT in Zukunft wieder viel wichtiger werden als sie es in der jüngeren Vergangenheit war. Die Digitalisierung wird die Welt in den kommenden 10 – 15 Jahren mehr verändern als die Computerisierung in den vergangenen 40 Jahren es schaffte. Und in Zeiten starker (wirtschaftlicher) Umbrüche heißt es wieder mal: die Schnellsten, nicht die Größten werden die Gewinner sein.
Consumer Electronics als Türöffner für SmartHome
Zumindest in Europa hat die Smart Building-Industrie bislang auf die gut organisierte Elektrobranche gesetzt – die sich zum maßgeblichen Installateur von Smart Building in den Gebäuden etablierte, während in den letzten Jahren die Consumer Electronics-Industrie 1/5 zum Marktöffner wurde. Das installierende Elektro-IT-Systemhaus gibt es leider (noch) nicht – zu weit weg ist derzeit noch das Elektro-/ Sanitär-/ Bau-Handwerk von (IT- )Systemen.
Ähnlich wie vor 10 Jahren das aus den USA stammende iPhone den weltweiten Smartphone-Markt erst begründete und dann auf Fahrt brachte, so ist es wiederum eine weitere aus den USA stammende Firma, die den SmartHome-Markt im Bewusstsein der Konsumenten in nur 1,5 Jahren mehr geöffnet hat als alle anderen europäischen Marktteilnehmer in den vergangenen 10 Jahren zusammen: Amazon mit seinem sprechenden Datensammler ‚Alexa‘ (klar – Google und Apple haben nun ebenfalls vergleichbare Produkte zur Marktreife gebracht). Hierdurch wächst nun der SmartHomeMarkt besonders stark innerhalb der Consumer Electronics- und Home Appliances-Branchen – so treiben auch die Retailmärkte die smarte Entwicklung weiter voran, indem sie eine marktöffnende Funktion ausüben.
Im Kern ist jede SmartHome- oder Smart Building-Lösung eine IT-Lösung
Einen wirtschaftlich erheblich bedeutenderen Anteil an der intelligenten Gebäude-, Geräte und Maschinensteuerung bzw. -Vernetzung und -Kontrolle als der Retail-Markt wird jedoch der gesamte Bereich der professionellen Gebäude-Automation inkl. Physical Security , vor allem aber die IT-Security-Themenwelt einnehmen, dessen notwendige Marktdurchdringung sich nicht nur aus der internationalen technologischen Entwicklung, sondern auch aufgrund des gebotenen nachhaltigen Mithaltens im Wettbewerb der Gebäudeeigentümer und der darin wirtschaftenden Unternehmen, Behörden oder sonstigen Gebäudenutzer ergibt.
Gerade der IT Security-Markt wird sich aufgrund des Wachstums von smarter Gebäudetechnik zwingend deutlich vergrößern – gehen doch die Experten davon aus, dass wir es in 10 bis 20 Jahren mit intelligenten Gebäuden zu tun haben werden, deren Bestandteile und Inhalte derart smart vernetzt sind, dass diese untereinander kommunizieren und so selbstständig (programmierte) Entscheidungen treffen werden. Im Gegensatz zu den sich schnell drehenden SmartHome-Serien-Produkten bei den RetailMärkten organisiert sich der professionelle smarte Gebäudemarkt aber nachhaltiger und mit mehr Vorlaufzeit: bei Gebäuden rechnet man mit einer Planungszeit von 2-5 Jahren und einer Bauzeit von 1 -3 Jahren – sowie einer Nutzungszeit von 50++ Jahren – aber hier muss man berücksichtigen, dass den viel langsameren Abläufen viel höhere Investitionsvolumina gegenüberstehen als bei Retailprodukten – nicht zuletzt ist dabei nochmal auf den hohen IT-Dienstleistungsanteil zu verweisen.
Das heißt: Ohne eine intensive Beteiligung oder Integration der ITK-Welt in den Smart Building-Markt wird sich dieser Markt kaum entfalten können, da es der Kernkompetenz von sehr vielen ITK-Fachkräften bedarf, die allesamt softwaregetriebenen und IPbasierenden smarten Steuerungen einzurichten, zu warten und zu kontrollieren (während der Elektriker installiert) – was bereits bei der Planung der Gebäudetechnik ganz am Anfang schon mit berücksichtigt werden muss – gleich, ob es um Neubauten oder um den noch viel größeren Markt für Bestandsbauten geht.
Electro meets IT
Ähnlich wie Elektrobetriebe in der Regel die vollständige Verkabelung in den Gebäuden installieren und hierbei nicht nur die Stromkabel nebst den Schaltzentralen, sondern auch die geplanten Computerkabel mit verlegen, in der Regel aber die Computer selbst (und meistens die Telefonanlage auch) inkl. der darauf laufenden Software und ihre Applikationen außen vor lassen und den ITK-Systemhäusern überlassen (während die Telefonanlage bereits in der ‚IT-Cloud‘ verschwunden ist), so verhält es sich oder sollte es sich adäquat im Bereich Smart Building verhalten: Die Elektrofirma installiert alles – und die ITK-Firma ‚managed‘ die meist individuell notwendigen Software-Applikationen, konfiguriert die Hardware – und schult, wartet und kontrolliert in der Folge das Smart Building Steuerungssystem und entwickelt es auf der geschaffenen Grundlage auch weiter.
Natürlich gibt es am Markt aber auch (in einer geringeren Anzahl) bereits den Betriebstyp des Systemintegrators, der sowohl die Elektro- als auch die ITK-Welt beherrscht und alle Gewerke aus einer Hand liefern bzw. installieren kann. Ein weiterer Aspekt ist, dass der EHandwerker ausschließlich die AKTORIK verbaut (alles was 230 Volt nutzt), die Sensorik aber vom ITK-Systemhaus installiert wird, da hierzu der Elektriker nicht gebraucht wird und hierbei auch keine Kabel verlegt werden (oftmals bauen E-Handwerker die Zählerschränke mit Sicherungen und Aktoren aber gar nicht selbst, weil dies von spezialisierten Betrieben übernommen wird).
An zeitlich und inhaltlich erster Stelle jedoch stehen die Gebäudeplaner, Ingenieurbüros für die Gebäudetechnik, Architekten sowie die Immobilieneigentümer und -Verwalter bzw. auch deren Nutzer, da sie als Entscheider und Konzeptionäre maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung und in die Investition von Smart Building-Lösungen haben – also alle Beteiligten der Wohnungs- und Gebäudewirtschaft schlechthin. Nicht zu vergessen hier auch die genehmigenden Baubehörden oder etwa die diesbezüglichen Gesetzgebungs-Verantwortlichen, da beispielsweise geklärt werden muss, ob die Installation einer Elektrosäule für das Aufladen von E-Autos in Mehreigentumsanlagen tatsächlich weiterhin als ‚bauliche Veränderung‘ eingestuft werden sollte – mit der Folge, dass die hierfür 100%tige Zustimmung aller Eigentümer bei größeren Anlagen erfahrungsgemäß kaum zustande kommt – demzufolge es in Zukunft in Mehreigentumsanlagen kaum Elektroauto-Besitzer geben wird.
Die gestiegene Bedeutung der ’neuen‘ CEBIT im beginnenden Zeitalter der digitalen Transformation
Die Themenvielfalt um das Kernthema Smart Building, erweiterbar um Themen wie ‚Smart Office‘, ‚Smart City‘ oder etwa ‚Smart Airport‘ usw. ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Von Consumer-Lösungen (Energiemanagement, Entertainment & Kommunikation über vernetzte Geräte in Häusern (Internet der Dinge) wie z.B. smarte Licht- und Heizlösungen bis hin zur Absicherung der Außenhaut von Gebäuden (Physical Security – ein weites Feld – hierzu gehören neben Zutrittskontrolle, Bewegungsmeldern und Videokameras z.B. auch smarte Drohnen zur Beobachtung und Kontrolle von Gebäuden und Freigelände) sind zahlreiche smarte Lösungen denkbar, die nicht nur die Bestandteile des Gebäudes betreffen, sondern vor allen Dingen die Nutzung in den Gebäuden angenehmer und effektiver gestalten sollen – gleich ob es der Privathaushalt ist, dessen Besitzer im fernen Urlaubsort sehen kann, wer gerade vor seiner Haustür steht – oder etwa 3/5 die Millionen von Büros, deren Angestellte nur durch wetterabhängig optimiertes Licht durch alle Jahres- und Tageszeiten hindurch mühelos eine bis zu 10%ige Leistungssteigerung erzielen können.
Oder eben Maschinen (oder maschinelle Roboter), die miteinander kommunizieren – und mit dem Gebäude, welches z.B. bei Bedarf automatisch lüftet oder Tore öffnet und schließt (was wiederum Einfluss auf die Raumtemperatur hat, die sich automatisch anpasst). Im Kern aber beruhen sämtliche smarten Lösungen auf Softwareprogrammierungen – gleich ob sie vom Hersteller in Kästchen fix und fertig geliefert werden (z.B. bei LEDLighting-Systemen) oder für größere professionelle smarte Gebäude-Lö- sungen individuell angepasst werden müssen.
Die noch vor ein paar Jahren allgemein beobachtete Befürchtung, dass zu viele unterschiedliche SmartHome-Systeme die Entwicklung des Markes blockieren könnten, hat sich verflüchtigt – die Produkte der meisten Hersteller sind inzwischen so kompatibel mit anderen Systemen, dass hierdurch kein Markt-bremsender Effekt mehr ausgeht. Und: 8-9 von 10 Mitarbeitern in der Entwicklungsabteilung von Herstellern smarter Gebäudelösungen sind zwischenzeitlich Programmierer – so hört man es vom Markt.
Smart Building könnte auf vielen Themen-verwandten Messen beheimatet sein – auf Events professioneller AV-Lösungen (ISE Amsterdam) genauso wie etwa einer Bau-, Fensteroder Elektro (light + building) bzw. Consumer Electronics-Messe (IFA). Tut es auch. Doch sollte das Herz jeglicher smarten Lösung hierbei nicht vergessen werden: die Software in Verbindung mit dem Internet Protokoll – und das wiederum sind Kernthemen der ITKBranchen und der CEBIT. Denn viel zu langsam dämmert es den Marktteilnehmern – und auch der hohen Politik, dass die in Europa ungeliebte Software in den letzten 2 Dekaden in Europa viel zu sehr als ‚leidiges, notwendiges Ãœbel‘ betrachtet wurde und ein Mauerblümchen-Dasein führte – etwas, womit man sich nur ungern beschäftigte, wenn es gar nicht anders ging (siehe Automobilindustrie) – ganz im Gegensatz also zum kalifornischen Silicon Valley, wo die Software stets als der Ausgangspunkt und als Zentrum jeglicher technologischer Entwicklung für die Zukunft wahrgenommen wurde und wird.
Silicon Valley ist nun mit Amazon, Apple und Google (sowie Tesla) dabei, den europäischen smarten Markt, zumindest in den Consumermärkten, zu erobern. Jedoch sind die smarten Lautsprecher keine SmartHome-Lösungen im eigentlichen Sinne. Unbemerkt von den Consumer-Retailmärkten und den Massen-Endverbrauchern hat sich in Europa eine Vielzahl von Anbietern mit spezialisierten Lösungen für den SmartHome- bzw. Smart Building-Markt etabliert – angefangen von LED-Lighting-Steuerungssystemen über vernetzte Kommunikations- bis hin zu Physical-Security-Produkten und Lösungen in der Gebäudeautomation, deren ganzheitlich-systemische Gebäudelösungen über eine viel höhere Wertigkeit verfügt (und für die Vermarkter eine höhere Wertschöpfung generiert) als bei smarten Retail-Serienprodukten.
Cyber-Attacken, Spionage, virtuelle Drohnenpiloten in der Kriegsführung, Fake-News: die Software vergrößert kontinuierlich ihren Einflussbereich -so stark, dass man heute schon sagen kann: wer die Software beherrscht, beherrscht die Welt – gleich, ob wir dies gut finden oder nicht. Europas Politiker haben den Nachholbedarf (hoffentlich) erkannt.
Die zukünftige CEBIT wird offenbaren, inwieweit Wirtschaft und Politik die Bedeutung von 4/5 Software in angemessener Weise gefördert hat – angefangen im Schulunterricht bis hin zu Förderungen von Start-ups mit tollen Ideen. Jedenfalls gibt es nun in Europa endlich die (von Fachverbänden wie dem BVDW) längst geforderten Digitalisierungs-Minister und -Staatssekretäre, und die Präsidenten Europas treffen sich immer öfter, um über nichts anderes zu sprechen als über das Vorantreiben von Digitalisierung oder ‚digitaler Transformation‘ zu sprechen.
Die neue CEBIT in Hannover hat sich früh an die Speerspitze dieser neuen Bewegung gesetzt – und wird nun von der Politik als der europäische Marktplatz der digitalen Transformation betrachtet und unterstützt, der die marktwirtschaftliche Entwicklung der Digitalisierung aufzeigen und widerspiegeln soll – vielleicht auch, damit Europa endlich eine eigene Digitalstrategie entwickelt – so wie es etwa China und Russland längst realisiert haben. Auch die Fachverbände wie etwa der BVDW oder BITCOM sollten als Treiber der Entwicklung ihren Beitrag leisten, gemeinsam am Strang der digitalen Transformation zu ziehen.
Unter dem Dach des Hauptthemas ‚Internet of Things‘ zeigt die neue CEBIT direkt am vermutlich bestfrequentierten Eingang an Halle 13 (gegenüber Messebahnhof Laatzen und den West-Parkplätzen) das ‚Center of Smart Building‘ – eine gemeinsame Plattform der ‚SmartHome Initiative Deutschland e.V.‘ und der Messeagentur Global Fairs TT-Messe als Organisator der Plattform. Da Halle 13 in idealer Weise die Themenwelten M2M, IoT, Unified Communications und IT Security sowie zusätzlich auch noch die ‚Channel & Distribution Area‘ (ehemals Planet Reseller – jetzt ohne eigenes Clearing) beheimatet, ist für die ausstellenden Hersteller und Fachdistributoren ein synergetischer und sicher gut funktionierender Marktplatz für SmartHome und Smart Building entstanden, der hier effektiv die Anbieter und die Produkt-affinen Abnehmer-Zielgruppen als Entscheidungsträger und Gestalter von Gebäuden oder als Wiederverkäufer, die sich hier aus erster Hand über die neuesten smarten Trends und Techniken informieren und wichtige Kontakte zu diesem Thema knüpfen können, zusammenbringt.
Weil der private oder gewerbliche Endverbraucher von SmartHome-Produkten bzw. Smart Building-Lösungen nicht direkt beliefert wird (ausgenommen Retail- und Versandprodukte), sondern meistens über Fachdistributoren an regionale Wiederverkäufer oder Systemintegratoren und Systemhäuser läuft, welche größtenteils auch die Schulungen zu den Abnehmermärkten hin organisieren, macht den Besuch von Fachdistributoren sowie ITK-Systemhäusern bzw. System-Integratoren natürlich ebenso sinnvoll wie für die Gebäudeplaner, Architekten und der gesamten Wohnungs- und Gebäudewirtschaft. Daher erwarten die Organisatoren des obendrein in ganz Europa gut beworbenen ‚Center of Smart Building‘, optimal am Eingang Halle von 13 positioniert, einen guten Messeerfolg für alle Beteiligten auf der ersten NEUEN CEBIT.
Jan Nintemann ist Inhaber von GLOBAL FAIRS TT-MESSE.
Kontakt: nintemann@tt-messe.eu
Foto: Angela von Brill