BEIJING – Während Europa sich zunehmend von der Kernenergie abwendet, schlägt China einen anderen Weg ein. Mit dem Bau von elf neuen Atomkraftwerken bekräftigt die Volksrepublik ihren Anspruch, eine führende Rolle in der globalen Atompolitik zu übernehmen. Diese Entwicklung ist Teil einer umfassenden Energiestrategie, die darauf abzielt, die wachsende Wirtschaft des Landes mit einer zuverlässigen und sauberen Energiequelle zu versorgen.
Die Entscheidung für den Ausbau der Kernenergie steht im Kontrast zu der in Deutschland und anderen europäischen Ländern verfolgten Politik, die nach dem Unglück von Fukushima im Jahr 2011 eine schrittweise Stilllegung ihrer Kernkraftwerke beschlossen haben. Während der Anteil des Atomstroms an der Gesamtstromproduktion in Europa sinkt, sieht China in der Kernenergie eine Möglichkeit, seine ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen und die Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen, die viele seiner Städte heimsucht.
Die chinesische Regierung betont, dass die Sicherheit bei der Entwicklung der neuen Reaktoren an erster Stelle steht. Mit modernsten Technologien und strengen Sicherheitsprotokollen soll das Risiko von Unfällen minimiert werden. Gleichzeitig investiert das Land massiv in Forschung und Entwicklung, um die Effizienz und Sicherheit der Kernenergie weiter zu verbessern.
Kritiker der Atomkraft weisen auf die ungelösten Probleme der Endlagerung radioaktiver Abfälle und das Risiko von Nuklearunfällen hin. Dennoch argumentiert die chinesische Regierung, dass die Vorteile der Kernenergie – insbesondere ihre CO2-arme Stromerzeugung – die Risiken überwiegen, besonders im Hinblick auf die drängenden Herausforderungen des Klimawandels.
Die neuen Projekte sind auch ein Zeichen für Chinas Bestreben, unabhängiger von importierten fossilen Brennstoffen zu werden. Die Volksrepublik ist der größte Energieverbraucher der Welt und der zweitgrößte Ölimporteur. Durch die Erweiterung ihres Kernenergieportfolios hofft China, eine größere Energieautonomie zu erreichen und ihre geopolitische Position zu stärken.
Europa beobachtet Chinas Atom-Offensive mit gemischten Gefühlen. Einerseits gibt es Bedenken hinsichtlich der Sicherheitsstandards und der geopolitischen Auswirkungen. Andererseits könnte Chinas Engagement in der Kernenergie auch zu technologischen Fortschritten führen, von denen letztlich die ganze Welt profitieren könnte.
Insgesamt spiegelt Chinas Atompolitik die Überzeugung wider, dass die Kernenergie eine entscheidende Rolle in der zukünftigen globalen Energielandschaft spielen wird. Während Deutschland und andere europäische Staaten ihren Fokus auf erneuerbare Energien legen, setzt China auf eine diversifizierte Energiestrategie, die auch die Kernenergie einschließt. Diese Strategie könnte China helfen, seine Energieversorgung zu sichern und gleichzeitig eine Führungsrolle im globalen Energiebereich einzunehmen. Doch die Zeit wird zeigen, ob dieser Weg der Weisheit oder der Bedenken folgt. (hz) Foto: China Daily