NEU-DELHI – Berlin und Neu-Delhi streben nach einer Vertiefung ihrer Handelsbeziehungen – ein Vorhaben, das beim jüngsten Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Premierminister Narendra Modi in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi erneut bekräftigt wurde. Trotz der herzlichen Atmosphäre und der offensichtlichen Bereitschaft, die bilateralen Beziehungen zu stärken, bleiben konkrete Ergebnisse noch abzuwarten. Die Eröffnung der Wirtschaftskonferenz durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinen indischen Amtskollegen, an der rund 700 Delegierte teilnahmen, setzte den Ton für die Dringlichkeit eines Handelsabkommens, das seit fast zwei Jahrzehnten in der Schwebe ist.
Die Europäische Union und Indien verhandeln seit langem über ein solches Abkommen, doch die Komplexität der beiderseitigen Anforderungen hat zu einer Pattsituation geführt. Deutschland, als treibende Kraft innerhalb der EU, sieht in Indien einen strategischen Partner und einen wachsenden Markt, der nicht nur wirtschaftliche Chancen bietet, sondern auch als Gegengewicht zu China dienen könnte. Die indische Regierung hingegen betont die Notwendigkeit, ihre vielfältigen Interessen – vergleichbar mit denen der 27 EU-Mitgliedstaaten – zu schützen, insbesondere im Agrarsektor.
Der indische Premier Narendra Modi begrüsst Kanzler Olaf Scholz
Die Diskussionen in Neu-Delhi haben gezeigt, dass beide Seiten eine pragmatische Herangehensweise bevorzugen, die zunächst auf eine Öffnung für Industriegüter abzielt, bevor ein umfassendes Handelsabkommen in Angriff genommen wird. Diese Strategie wird von führenden Wirtschaftsvertretern wie Roland Busch, dem Vorstandsvorsitzenden von Siemens und Vorsitzenden der Asien-Pazifik-Konferenz, die ebenfalls in Neu-Delhi tagte, unterstützt. Busch warnt davor, die Verhandlungen mit übermäßigen Anforderungen zu belasten, und plädiert für einen schrittweisen Ansatz.
Das Treffen, das bereits zum 18. Mal stattfindet, bringt Wirtschaftsvertreter aus Deutschland und der Asien-Pazifik-Region zusammen und unterstreicht die Bedeutung dieser Beziehungen. Die Gespräche zwischen Scholz und Modi könnten einen Wendepunkt darstellen, doch bleibt abzuwarten, wie sich die Beziehungen angesichts der geopolitischen Lage und Indiens Nähe zu Russland entwickeln werden. Die bilateralen Gespräche haben zwar keine sofortigen Durchbrüche erzielt, aber sie haben die Türen für zukünftige Verhandlungen geöffnet und die Hoffnung auf eine stärkere deutsch-indische Partnerschaft geweckt. (zai)