Beijing/Shanghai – Während Chinas Wirtschaft sich weiterhin im Übergang zu einem gemäßigteren Wachstumsniveau befindet, passen deutsche Unternehmen ihre Erwartungen an das veränderte Geschäftsumfeld an. Die Unternehmen erwarten zwar eine langsamere Expansion ihres Geschäfts, schätzen dabei allerdings das Wachstum in ihrer jeweiligen Industrie positiver ein als das der allgemeinen Konjunkturentwicklung.
Dies ist Ergebnis der diesjährigen Geschäftsklima-Umfrage der Deutschen Handelskammer in China, an der zwischen dem 11. Mai und dem 12. Juni 439 deutsche Unternehmen teilgenommen haben.
Nachdem deutsche Unternehmen sich 2014 noch widerstandsfähig gegenüber dem Konjunkturabschwung zeigten, stellen sie sich allmählich auf ein geringeres Wachstum ein.
Nach dem starken Abschneiden deutscher Unternehmen im Jahr 2014 – bei bereits niedrigeren Wachstumsraten des chinesischen BIP – hat der anhaltende Abschwung der Konjunktur im ersten Halbjahr 2015 dazu geführt, dass deutsche Unternehmen ihre Geschäftsprognosen für das Jahr angepasst haben. Dennoch gehen über 50% der Firmen davon aus, ihre Geschäftsziele im Jahr 2015 zu erreichen. Die Mehrheit der Unternehmen verzeichnet weiterhin ein gesundes Wachstum bei Umsatz und Gewinn. Demnach verlagert sich das Wachstum der Unternehmen schrittweise auf ein niedrigeres Niveau, ohne einen abrupten Einbruch zu erfahren. Je nach Industrie bekommen die Unternehmen die unmittelbaren Auswirkungen des Konjunkturabschwungs unterschiedlich zu spüren. In Hinblick auf das Wachstumspotenzial der eigenen Branche sind die Unternehmen allerdings überwiegend zuversichtlicher als hinsichtlich der generellen Konjunkturerwartung.
Die Wachstumsaussichten der Industriebranchen wirken sich positiv auf das Investitionsklima aus, die positve Erwartungshaltung zu dem angekündigten Reformkurs lässt jedoch nach.
Zwar ist die Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen an ihren bestehenden Standorten leicht zurückgegangen, der Anteil der Unternehmen, die Investitionen an neuen Standorten in China planen, blieb allerdings im Vergleich zum Vorjahr auf einem stabilen Niveau. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Unternehmen in spürbarem Umfang ihre Investitionen in andere Länder verlagern.
Auch wenn sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in eine Phase gemäßigteren Wachstums begibt, betrachten die Unternehmen sowohl das Branchen- als auch das Wirtschaftswachstum als positiv für das Investitionsklima. Die angekündigten Wirtschaftsreformen werden nach wie vor als positiver Faktor wahrgenommen, doch aufgrund geringen Fortschritts lässt die positive Erwartungshaltung des Vorjahres nach. Internetrestriktionen und langsamen Internetgeschwindigkeiten werden negative Auswirkungen auf das Investitionsklima zugeschrieben.
Moderne Produktion sowie Forschung & Entwicklung sind schon jetzt Schwerpunkte deutscher Investitionen
65% der Unternehmen, die neue Investitionen im Produktionsbereich erwägen, sind im Automobil-, Maschinen- oder Chemiesektor tätig. Das deutet darauf hin, dass deutsche Unternehmen ihre Position im Bereich der modernen technologiegetriebenen Produktion weiter verstärken wollen. Ferner ist die Hälfte der Firmen, die weltweit Forschung & Entwicklung betreiben, bereits mit F&E-Aktivitäten an ihren chinesischen Standorten vertreten.
Deutsche Unternehmen sind vergleichsweise weniger in Branchen mit niedrigen Löhnen und geringem Qualifikationsniveau vertreten, sondern sind auch in China überwiegend in Branchen mit einer hohen Wissens- und Technologieintensität präsent. Sie sind somit gut für den aktuellen Modernisierungsprozess der chinesischen Wirtschaft positioniert.
Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ist größte Herausforderung
Die Suche nach qualifiziertem Personal ist die größte Herausforderung für deutsche Unternehmen im Jahr 2015: 82,4% aller befragten Unternehmen bewerten diesen Punkt als problematisch, was einem Anstieg von 8,3 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im Bereich F&E fällt gar 99% der befragten Firmen die Suche nach qualifiziertem Personal schwer. Unzulänglichkeiten im Arbeitsmarkt bleiben Hindernisse, die zu einer nachhaltigen Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft noch überwunden werden müssen. Andere Personalfragen wie steigende Lohnkosten und die Bindung von qualifizierten Arbeitskräften vervollständigen die Liste der Top drei Herausforderungen deutscher Unternehmen in China. Korruption – wohlmöglich als Resultat der laufenden Anti-Korruptionskampagne – ist erstmalig nicht mehr unter den zehn größten Herausforderungen vertreten.
Ãœber die deutsche Handelskammer
Die Deutsche Handelskammer in China ist die offizielle Mitgliederorganisation deutscher Unternehmen in China. Mit aktuellen Marktinformationen und praxisorientierten Wirtschaftsauskünften hilft sie ihren Mitgliedern in China, erfolgreich ihre Geschäfte zu betreiben. Die Kammer ist die Plattform der deutsch-chinesischen Business Community und vertritt die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Stakeholdern wie der Politik und der Öffentlichkeit. Die Kammer wurde 1999 gegründet und zählt momentan rund 2.600 Unternehmen in China zu ihren Mitgliedern.
Mehr Informationen unter www.china.ahk.de