Berlin – Das zunehmend schwierige internationale Umfeld wirkt sich auch auf die Investitionspläne der hiesigen Unternehmen im Ausland aus, wie eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt. Gleichzeitig gewinnen Kostenargumente an Gewicht.
„Der Druck auf die deutsche Wirtschaft wird größer“, fasste DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Ergebnisse der DIHK-Untersuchung „Auslandsinvestitionen 2019“, einer Sonderauswertung der DIHK-Konjunkturumfrage vom Jahresbeginn, gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ zusammen: „Das Hin und Her beim Brexit, die globalen Handelskonflikte und die US-Sanktionen belasten die Konjunktur und trüben spürbar die Investitionsfreude der deutschen Unternehmen für das Auslandsgeschäft.“
Zudem schmälerten inländische Kostenfaktoren wie hohe Strom- und Energiepreise oder Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel die Budgets für Investitionen, berichtete Schweitzer. Dass vor diesem Hintergrund Kosteneinsparungen als Motiv für ein Engagement im Ausland aktuell an Bedeutung gewinnen, nannte er „ein eher beunruhigendes Signal für den Industriestandort Deutschland“.
Der neuen DIHK-Umfrage zufolge streichen in diesem Jahr viele Unternehmen ihre Auslandsbudgets zusammen – auf das tiefste Niveau seit 2013. Nur noch 30 Prozent der Betriebe planen aktuell eine Erhöhung ihrer Investitionen außerhalb Deutschlands (2018: 36 Prozent). Dagegen wollen 14 Prozent der Befragten ihr Auslandsengagement zurückfahren (2018: 9 Prozent). Damit sinkt der Investitionssaldo von 27 auf 16 Punkte. Auch der Anteil der Industrieunternehmen, die überhaupt im Ausland investieren möchten, erreicht mit 46 Prozent den schwächsten Wert seit 2014.
Und: Anders als in den Vorjahren, in denen durch grenzüberschreitende Investitionen deutscher Unternehmen rund 200.000 neue Stellen im Ausland geschaffen wurden, kommen 2019 voraussichtlich nur noch gut 50.000 hinzu. Zum Jahresende werden damit in internationalen Betrieben mit deutscher Beteiligung mindestens 7,8 Millionen Beschäftigte arbeiten.
Eine weitere Entwicklung, die in der Studie auffällt: Die Unternehmen verteilen ihre geschrumpften Auslandsbudgets auf mehr Länder als zuvor. „Dahinter steht die Strategie, sich besser gegen Handelsstreitigkeiten als auch gegen einzelne regionale Risiken absichern zu können“, erläuterte DIHK-Präsident Schweitzer. Die Europäische Union bleibe dabei der mit Abstand wichtigste Investitionsstandort der deutschen Industrie: „Der gemeinsame Binnenmarkt entwickelt sich angesichts des international um sich greifenden Protektionismus immer stärker zum sicheren Hafen für die Unternehmen.“
So wollen 65 Prozent der befragten Betriebe in der Eurozone investieren (2017: 63 Prozent); in den sonstigen EU-Staaten sowie Norwegen und der Schweiz sind es immerhin 24 Prozent (2018: 23 Prozent).
Außerhalb Europas behauptet weiterhin China den Platz als beliebteste Destination für deutsche Auslandsinvestitionen (40 nach 39 Prozent). In Summe sinken die deutschen Auslandsbudgets aber auch im Reich der Mitte deutlich.
Nach Nordamerika gelangt im Vergleich zum Vorjahr zwar ein höherer Anteil der Gesamtinvestitionen (37 nach 35 Prozent). Doch fahren die deutschen Industrieunternehmen ihre Investitionsbudgets dort so stark zurück wie in keiner anderen Region – der Saldo aus „höher“- und „geringer“-Meldungen sank von 47 auf 25 Punkte. Insbesondere die USA verlieren angesichts der protektionistischen Handelspolitik der US-Administration für die deutsche Wirtschaft zunehmend an Attraktivität.
Hauptmotive für Auslandsinvestitionen bleiben der Aufbau von Vertriebsstrukturen beziehungsweise die Markterschließung. „Mehr Unternehmen als bisher erwägen allerdings aus Kostengründen ein Engagement im Ausland“, gab Eric Schweitzer zu bedenken. „Die heimischen Geschäftsrisiken wie zum Beispiel der Fachkräftemangel, Energie- und Strompreise und Arbeitskosten bereiten den Unternehmen zunehmend Kopfzerbrechen – und machen den Weg ins Ausland attraktiver.“
Ohne eine Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen drohe der Investitionsstandort Deutschland in Sachen internationaler Wettbewerbsfähigkeit den Anschluss zu verlieren, warnte der DIHK-Präsident. Als „wichtige Ansatzpunkte für die Nationale Industriestrategie des Wirtschaftsministers“ nannte er den Ausbau der (digitalen) Infrastruktur, die sichere Versorgung mit bezahlbarer Energie und die Steuer- und Bürokratieentlastung für hiesige Unternehmen.