Berlin – Jeder zweite Deutsche ist sich sicher: Eine Zukunft der Medizin ohne E-Health wird es nicht geben – und die Mehrheit der Bundesbürger sieht darin auch große Chancen. Das zeigt eine repräsentative Studie mit 1.005 Befragten ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. So meint rund jeder Zweite (46 Prozent), dass zumindest Teile der medizinischen Versorgung in Zukunft ausschließlich digital stattfinden werden, um die steigenden Kosten des deutschen Gesundheitssystems aufzufangen. Gleichzeitig sind die Deutschen offen für diese Neuerungen und nutzen existierende digitale Angebote schon heute rege.
Zwei von drei
Smartphone-Besitzern (65 Prozent) verwenden etwa bereits Gesundheits-Apps. Am
beliebtesten sind Apps, die über Gesundheits-, Fitness-, Gewichts- oder
Ernährungsthemen informieren, die bereits 25 Prozent nutzen. Weitere 26 Prozent
können sich dies vorstellen. Ähnlich stark genutzt werden aber auch Apps, die
Körper- und Fitnessdaten wie zum Beispiel Herzfrequenz, Blutdruck oder
gegangene Schritte aufzeichnen (24 Prozent). Gut jeder Sechste nutzt außerdem
Workout-Apps mit entsprechenden Anleitungen für Übungen zu Hause oder unterwegs
(17 Prozent) sowie Apps, die auf Grundlage von aufgezeichneten Vitaldaten
Ratschläge geben (15 Prozent).
Gesünder leben dank Apps
Offenbar bringen die Gesundheits-Apps den Nutzern häufig einen echten Mehrwert.
Jeder Zweite (53 Prozent) gibt etwa an, sein Training durch die Nutzung
optimiert zu haben. Beinahe ebenso viele Befragte sagen, dass sie sich dank
Gesundheits-Apps mehr bewegen (46 Prozent) und besser über ihren Körper und
Gesundheitszustand Bescheid wissen (44 Prozent). Jeder Dritte (34 Prozent) gibt
an, sich dadurch gesünder zu ernähren. „Fitness-Armbänder, Smartwatches und
Gesundheits-Apps für Smartphones sind in Deutschland bereits ein
Millionenphänomen geworden. Erstmals ist es möglich, die eigenen Vitaldaten
regelmäßig zu messen und zu nutzen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Große Zustimmung für Elektronische Patientenakte und E-Rezept
Auch die Elektronische Patientenakte und das Elektronische Rezept sind digitale
Gesundheitsinnovationen im Sinne der Patienten. So würden beispielsweise zwei
Drittel der Bundesbürger die E-Akte nutzen (65 Prozent), beinahe ebenso viele
(63 Prozent) das E-Rezept. Besonders hoch ist die Bereitschaft bei den 16- bis
29-Jährigen mit 74 Prozent und bei den 30- bis 49-Jährigen mit 70 Prozent. Aber
auch in der Altersgruppe 65 plus würden sechs von zehn Befragten (60 Prozent)
auf die Elektronische Patientenakte zugreifen.
Die Befürworter zählen dabei nicht nur auf Standardfunktionen wie die Speicherung der gesamten Behandlungshistorie (87 Prozent), sie wünschen sich vor allem auch komfortable smarte Funktionen: 98 Prozent wollen etwa einen integrierten digitalen Impfpass, 91 Prozent haben Interesse an einem digitalen Medikationsplan mit automatischem Wechselwirkungscheck. Auch ein Modul zur Integration der Daten aus Apps oder medizinischen Geräten wie einem Blutdruckmessgerät (80 Prozent) sowie ein Vorsorgeplaner (70 Prozent) sind beliebt.
Datenschutz und
Datenhoheit sind Voraussetzungen für E-Health-Angebote
Die potenziellen Nutzer fordern dabei für sich vor allem Datenhoheit. 61
Prozent wollen, dass sie beim Patienten liegt, weitere 59 Prozent verlangen ein
Höchstmaß an Datenschutz und Datensicherheit. Für 45 Prozent sind außerdem eine
strukturierte Darstellung und für ein Drittel (34 Prozent) ein mobiler Zugang
wichtig. „Die Elektronische Patientenakte wird nur dann ein Erfolg, wenn sie
dem Patienten einen echten Nutzen stiftet und unkompliziert zu bedienen ist“,
sagt Berg. „Vorhandene Daten sollten viel stärker– auch mobil – genutzt werden.
Über eine entsprechend ausgestaltete Elektronische Patientenakte wäre das
möglich. Bei gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes könnte die medizinische
Versorgung so deutlich verbessert werden.“
Bessere Prävention dank smarter Medizin – Befragte aufgeschlossen
Ãœber digitale Angebote wie die E-Akte und das E-Rezept hinaus bietet die
Digitalisierung zahlreiche hochinnovative Möglichkeiten für die Prävention,
Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Risikogruppen für Diabetes etwa können
mit digitalen Lösungen darin unterstützt werden, die Gefahr, eine Form von Diabetes
zu entwickeln, zu reduzieren. Dafür werden Vitaldaten wie tägliche Schritte und
Gewicht aufgezeichnet und der Risiko-Kandidat wird mit anderen Betroffenen
sowie seinem persönlichen Coach vernetzt. Angenommen er würde zur Risikogruppe
gehören, wäre jeder Zweite (50 Prozent) interessiert daran, ein solches Angebot
zu nutzen.
Kranken Menschen kann dank Digitalisierung das Leben oft erleichtert werden:
Damit Diabetiker nicht permanent im Alltag an ihre Erkrankung denken müssen,
gibt es bereits die Möglichkeit, die Überwachung des Blutzuckerlevels und die
Dosierung von Insulin automatisch durchzuführen. Dafür tragen Diabetiker eine
kleine Insulinpumpe am Bauch, einen Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung
und ein Blutzuckermessgerät zur Kalibrierung des Sensors. Alle Bestandteile
werden über eine Software automatisch gesteuert. Angenommen sie wären
Diabetiker, würden zwei von drei Befragten (68 Prozent) ein solches Angebot
nutzen. 64 Prozent würden sich einen Sensor implantieren lassen, um den
Blutzuckerspiegel permanent zu messen.
„Ob in der Vorsorge, für Patienten oder Ärzte und Pflegepersonal: Digitale Technologien bieten in der Gesundheitsbranche enorme Vorteile und eröffnen neue Möglichkeiten für mehr Lebensqualität und eine leistungsfähigere medizinische Versorgung. Die Digitalisierung der Medizin und des Gesundheitswesens ist in vollem Gange – und der Großteil der Deutschen zeigt sich der Entwicklung gegenüber aufgeschlossen“, sagt Berg. „Die Digitalisierung bereitet den Weg, um Menschen in Zukunft präziser und erfolgreicher zu behandeln, Nebenwirkungen zu reduzieren oder auch Risiken früher zu erkennen.“
Telemedizin als Chance für die medizinische Versorgung
Auch die Telemedizin kann zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen und vor allem Jüngere sind offen für solche neuen Möglichkeiten. Jeder Vierte (24 Prozent) würde für einen schnellen ärztlichen Rat per App sogar extra zahlen, bei den 16- bis 29-Jährigen sind es bereits 35 Prozent. Ähnlich viele Befragte (23 Prozent) würden Routinefragen durch ärztliche Online-Services aus dem Ausland abklären lassen, wenn sie dadurch Geld sparen könnten. Bei den Jüngeren sind es 28 Prozent. Jeder Siebte (15 Prozent) wäre sogar bereit, für 250 Euro ein Jahres-Abonnement abzuschließen, um sich jederzeit online Rat von Medizinern einholen zu können. (Bitkom)
„Telemedizin eröffnet Ärzten und Patienten neue Möglichkeiten. Vielerorts sind Arztpraxen überlaufen, Ältere sind nur eingeschränkt mobil – aber auf eine ausreichende medizinische Versorgung angewiesen, auch in abgelegenen Regionen. Ergänzend zur Regelversorgung können telemedizinische Angebote den Ablauf im Gesundheitswesen erheblich verbessern“, sagt Berg. „Die Patienten haben dieses Potenzial erkannt – und die technischen Möglichkeiten sind da. Nun wird es Zeit, sie konsequent zu nutzen und telemedizinische Angebote auch in die Regelversorgung einzubinden.“