Brüssel – Nach der breiten Zustimmung im Europaparlament ist der Weg frei für das EU-Freihandelsabkommen mit Japan, das bislang modernste der EU. Am 1. Februar 2019 wird das Abkommen für die Unternehmen anwendbar. Es ist ein starkes Zeichen für regelbasierten Handel und fairen Wettbewerb. Was heißt das für die deutsche Wirtschaft konkret?
Weltweit macht zunehmender Protektionismus den international tätigen Unternehmen zu schaffen. Eine ambitionierte europäische Handelspolitik, die für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen sorgt, ist Grundvoraussetzung, um weiter erfolgreich international tätig sein zu können. Das EU-Japan-Abkommen setzt hierfür die richtigen Akzente: Es wird im Laufe der nächsten Jahre unter anderem fast alle Zölle zwischen der EU und Japan abschaffen, den Dienstleistungshandel erleichtern, öffentliche Beschaffungsmärkte öffnen und die regulatorische Kooperation vereinfachen. Und: Als erstes EU-Abkommen hat es ein dezidiertes Mittelstandskapitel.
Das Freihandelsabkommen deckt fast 30 Prozent der Weltwirtschaft und über 30 Prozent des Welthandels ab. Eine solche Vereinbarung mit dem zweitwichtigsten Handelspartner in Asien für Deutschland und die EU birgt großes Potenzial: Laut einer aktuellen Befragung der AHK Japan erwarten 54 Prozent der deutschen Unternehmen vor Ort positive Auswirkungen von der umfangreichen Abschaffung von Zöllen auf beiden Seiten und der Öffnung der Märkte. Marktchancen liegen etwa bei Erzeugnissen, auf die Japan bisher hohe Zölle erhebt – z. B. Wein, Teigwaren oder Schokolade (10 Prozent), Käse (30 Prozent) sowie Schuhe und Lederwaren (30 Prozent).
EU sollte Führungsrolle in Asien übernehmen
Nach dem Abschluss des EU-Japan-Abkommens wäre es aus Sicht der Wirtschaft wichtig, dass die EU handelspolitisch mit weiteren Partnern wie dem Mercosur, Mexiko oder den ASEAN-Ländern nachzieht. Zu Recht setzt die EU nach jahrelang enttäuschenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation zunehmend auf bilaterale Abkommen mit Fokus auf Asien.
Mittlerweile gibt es mit allen wichtigen Ländern der Region, etwa mit Indonesien, den Philippinen, Malaysia und Thailand, Verhandlungen oder Vorbereitungen hierfür. Gerade angesichts der politischen Neuausrichtung der US-Handelspolitik sollte die EU bei der Frage offener Märkte und globaler Regeln entschlossen und geschlossen agieren. Die Abkommen mit Singapur und Vietnam sollten hierfür rasch ratifiziert und für Unternehmen nutzbar gemacht werden. Andere Länder werden sich dem Einsatz für ein wertebasiertes, offenes Handelssystem anschließen. Mit Japan als Vorreiter, das nun den G20-Vorsitz übernimmt, besteht hierzu eine gute Gelegenheit.
Mittelstand mitdenken: Implementierung ist für Unternehmen entscheidend
Freihandelsabkommen müssen sich für die Betriebe auch im täglichen Geschäft beweisen. In einigen Abkommen sind die Regelungen so komplex, dass die Unternehmen sie kaum nutzen können. Ganz oben auf die To-do-Liste der EU gehört daher die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bei der Umsetzung von Freihandelsabkommen. Denn obwohl Unternehmer immer internationaler denken, ist die Lücke zwischen den tatsächlich exportierenden KMU und denen, die internationale Geschäfte theoretisch tätigen könnten, immer noch groß. Die EU muss hier für vereinfachte Regelungen sorgen, insbesondere durch einfache und harmonisierte Regeln für den Warenursprung und die Ausfertigung von Ursprungsnachweisen.
Auch das EU-Japan-Abkommen beinhaltet zolltechnische Neuerungen, die so komplex sind, dass sie die Nutzung der Zollvorteile ausbremsen könnten. Hier gilt es, eine mittelstandsfreundliche Anwendung und Fortentwicklung der Regeln zu forcieren. Nur so können Japan und die EU die großen Potenziale ihrer Handelsbeziehungen ausschöpfen. (DIHK)