EU-Ministerrat will Fluggastrechte einschränken

Brüssel – Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten wollen nach derzeitigem Stand die Rechte von Fluggästen bei Verspätungen und Annullierungen massiv einschränken. Nach dem aktuellen Gesetzentwurf der griechischen Ratspräsidentschaft würden Entschädigungen bei Annullierungen und Verspätungen – je nach Flugentfernung – erst nach mehr als fünf, neun oder zwölf Stunden fällig.

Der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordern die Bundesregierung auf, sich von diesen Plänen klar abzugrenzen und das Votum des Europäischen Parlaments zu unterstützen.

Das Parlament hat sich vor wenigen Wochen, am 5. Februar, mit außergewöhnlich breiter Mehrheit gegen die von der Europäischen Kommission geplante Schwächung der Fluggastrechte ausgesprochen. Nach dem Parlamentsbeschluss sollen Fluggäste bereits ab Verspätungen von drei Stunden eine Entschädigung erhalten – nicht wie von der Kommission geplant erst ab fünf Stunden.

Weitere Einschränkungen geplant

Die überwiegende Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten ist aber weiterhin für den Vorschlag der Kommission, dass Entschädigungen erst nach fünf, neun oder zwölf Stunden Verspätung fällig werden. Auch die deutsche Bundesregierung hat sich von diesem Vorschlag bislang nicht distanziert – obwohl sie sich laut Koalitionsvertrag „für den Erhalt des bestehenden Schutzniveaus“ einsetzen will. Zusätzlich hat die griechische Ratspräsidentschaft nun vorgeschlagen, die Schwellenwerte von fünf, neun und zwölf Stunden auch auf Flugannullierungen anzuwenden. Das bedeutet eine weitere massive Einschränkung der Fluggastrechte. Denn nach geltendem Recht und auch nach dem Kommissionsvorschlag steht Fluggästen bei Flugannullierungen die Entschädigung bereits ab zwei Stunden Verspätung zu.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert vor diesem Hintergrund die zuständigen Bundesminister Heiko Maas und Alexander Dobrindt auf, in den Verhandlungen der Mitgliedstaaten die Position des Europäischen Parlaments zu vertreten. Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik im vzbv: „Solange die Schwelle für die Entschädigungszahlungen nicht erheblich nach unten korrigiert wird, kann ich dem Europäischen Parlament nur raten, das Gesetzesvorhaben scheitern zu lassen. Denn aus Verbrauchersicht gibt es dann keinen Regelungsbedarf. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat den Verbraucherinnen und Verbrauchern weitreichende Rechte gegeben, die nicht ohne Not preisgegeben werden sollten.“

Belastungen für die Wirtschaft

Der deutsche GeschäftsreiseVerband VDR weist darauf hin, dass Verspätungen für die Wirtschaft zu erheblichen ökonomischen Belastungen führen. „Deutsche Unternehmen geben jährlich rund 12,5 Milliarden Euro für Flüge zu geschäftlichen Terminen aus“, so VDR-Präsident Dirk Gerdom. „Ziel der Reisen sind unter anderem Geschäftsabschlüsse und -akquisen. Flugannullierungen oder Verspätungen führen zu teuren Arbeitszeitausfällen – und die Folgekosten für die Wirtschaft durch geplatzte Geschäftsabschlüsse und nachgeholte Termine lassen sich erst gar nicht beziffern.“

Setzt die Europäische Kommission ihre Pläne durch, würde nach Berechnungen des vzbv künftig nur noch einer von 700 Flügen die Schwellenwerte erreichen. Wenn die Verspätung auf einen „außergewöhnlichen Umstand“ zurückzuführen ist, müssten selbst die Fluggäste dieser massiv verspäteten Flüge nicht entschädigt werden. „Das gibt Fluggesellschaften wenig Anreize, ihre Flugpläne besser einzuhalten“, so Holger Krawinkel.

Die Schwellenwerte nach dem Votum des Europäischen Parlaments würden dazu führen, dass immer noch für weniger als 0,5 Prozent aller Flüge oder weniger als einer von zweihundert Flügen die Entschädigungsregelung greifen würde. Die finanzielle Belastung der Fluggesellschaften hierdurch ist gerechtfertigt durch das legitime Interesse der Fluggäste, im Fall schwerwiegender Mängel eine finanzielle Kompensation zu erhalten.