Osaka – Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen der Welt haben sich beim G-20-Gipfel in Japan doch noch auf eine gemeinsame Abschlusserklärung verständigt. Wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag erklärte, akzeptierten die USA, dass die anderen Staaten ihr Engagement für den Klimaschutz in der Erklärung bekräftigen. Es werde einen „ähnlichen Text“ geben wie beim vergangenen G-20-Gipfel in Argentinien, sagte Merkel.
Wie in Buenos Aires werden sich in der Abschlusserklärung 19 der 20 Mitglieder zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennen, die USA bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung. Jetzt werde festgeschrieben, dass die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen „unumkehrbar“ seien, sagte Merkel. Außerdem soll die Abschlusserklärung nach Angaben Merkels auch auf das Thema Migration eingehen. Es werde eine „enge Zusammenarbeit“ der G-20-Mitglieder mit den UNO-Organisationen und anderen internationalen Organisationen in der Migrationspolitik angestrebt. „Insofern sind wir ein ganzes Stück weitergekommen“, sagte Merkel.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich im Anschluss an das Gipfeltreffen unzufrieden über die Erklärung zum Klimaschutz. Zwar sei ein Rückschritt verhindert worden, sagte Macron, „aber wir müssen viel weiter gehen.“ Frankreich werde sich mit Nachdruck dafür einsetzen.
„Ausgezeichnetes Treffen“
Die USA und China haben sich auf eine Wiederaufnahme ihrer Verhandlung zur Beilegung des Handelskrieges geeinigt. Das berichtete US-Präsident Donald Trump am Samstag nach seinem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Rande des Gipfels. Trump sprach von einem „ausgezeichneten Treffen“.
Xi betonte, Unternehmen aus der Volksrepublik würden hoffentlich fair behandelt. Beide Länder sollten Partner werden, China sei es ernst mit den Verhandlungen im Handelsstreit, sagt Xi der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge. Der Konflikt solle durch Gespräche gelöst werden. Es müsse eine Lösung gesucht werden, die für beide Seiten akzeptabel sei.
Schon zum Auftakt des 80-minütigen Gesprächs hatte Xi Jinping zu Dialog und Zusammenarbeit aufgerufen. Die beiden größten Volkswirtschaften liefern sich seit einem Jahr einen erbitterten Handelskrieg, der das Wachstum in beiden Staaten bremste. „China und die USA profitieren beide von Kooperation und verlieren bei einer Konfrontation“, sagte Xi Jinping. „Kooperation und Dialog sind besser als Spannungen und Konfrontation.“ Er erinnerte an die „Ping-Pong-Diplomatie“ bei der Aufnahme der Beziehungen. 1971 hatten Tischtennisspieler beider Länder bei den Weltmeisterschaften in dem 180 Kilometer von Osaka gelegenen Nagoya erstmals Kontakt miteinander aufgenommen, was die Normalisierung in den Beziehungen einleitete. Seither habe es „enorme Veränderungen“ gegeben.
Strafzollschicksal offen
Mit Blick auf das Scheitern der Verhandlungen vor zwei Monaten sagte der US-Präsident: „Wir waren uns sehr nahe, und dann passierte etwas, und es rutschte etwas weg.“ Er fügte hinzu. „Es wäre historisch, wenn wir eine faire Handelsvereinbarung bekommen könnten.“ Die vereinbarte Wiederaufnahme der Verhandlungen wird Investoren und Märkte weltweit vorerst beruhigen. Trump sagte allerdings zunächst nicht, was jetzt aus seiner angedrohten Ausweitung der Strafzölle werden soll.
Laut der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua hätten die USA zugesagt, keine weiteren Zölle auf chinesische Exporte erheben zu wollen. Nach Angaben von Trump hatten beide Präsidenten schon bei einem informellen Gespräch am Freitagabend erste Fortschritte gemacht. „Ob wir einen Deal machen können, wird die Zeit zeigen.“
Der US-Präsident unterstrich seine persönliche Einschätzung, dass er eine „großartige Beziehungen“ zu Xi Jinping pflege. Trump hat in dem Handelskrieg rund die Hälfte der Importe aus China mit 25-prozentigen Sonderzöllen überzogen, während China mit Gegenzöllen reagiert hat. Im Raum stand jetzt die Drohung Trumps, die Sonderabgaben auf die restlichen China-Einfuhren im Wert von 300 Milliarden US-Dollar (264 Milliarden Euro) auszuweiten, wenn China kein Entgegenkommen zeigt. Er dachte an Zölle in Höhe von 10 bis 25 Prozent.
Der Handelskrieg bremst sowohl das Wachstum in China als auch in den USA. Auch die Weltwirtschaft wird durch die Unsicherheiten für die Investoren gedrosselt, warnen Experten. Die deutsche Exportwirtschaft und auch die in China tätigen Unternehmen spüren die Auswirkungen bereits. So haben sich die Aussichten besonders in den vergangenen Wochen deutlich verdüstert, berichtete die deutsche Auslandshandelskammer in China.
Thema Huawei
Nach eigenen Angaben wollte der US-Präsident bei dem Treffen auch das Schicksal des chinesischen Telekomriesen Huawei ansprechen, den er als Gefahr für die nationale Sicherheit auf eine schwarze Liste gesetzt hat. Damit werden Geschäfte mit dem führenden Netzwerkausrüster und zweitgrößten Smartphone-Hersteller der Welt derzeit streng begrenzt.
Am Rande des G20-Gipfels kündigte Trump eine Richtungsänderung an: Er wolle Lieferungen von US-Unternehmen an den chinesischen Telekomriesen Huawei nun doch wieder zulassen. Er habe Xi Jinping zugesagt, dass technologische Produkte weiterhin an Huawei verkauft werden dürften, sagte Trump nach Abschluss des Gipfels am Samstag.
Auslöser des Handelskrieges war die Verärgerung von Trump darüber, dass China weit mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Er fordert mehr Marktzugang, kritisiert Verletzung von Urheberrechten, zwangsweisen Technologietransfer und staatliche Subventionen.
Die Verhandlungen waren vor zwei Monaten festgefahren, weil die USA beklagten, dass China hinter vorher gemachte Zusagen zu geplanten Wirtschaftsreformen zurückgefallen sei.
IWF-Chefin Lagarde erfreut
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, begrüßte die Wiederaufnahme von Verhandlungen im Handelsstreit der USA mit China. Der Konflikt bleibe dennoch das größte Risiko für die Weltwirtschaft, sagt Lagarde. „Ich bekräftige, dass die Priorität sein muss, Handelshemmnisse zu beseitigen – neue und alte, Zölle und anderes.“
Mögliches Treffen von Trump und Kim
Trump bot Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un am Rande des G-20-Gipfels überraschend ein Treffen in der entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea an. Bei einem Besuch in Südkorea an diesem Wochenende könnte er Kim im Grenzgebiet zwischen den beiden Staaten treffen, „einfach um ihm die Hand zu schütteln und Hallo zu sagen“, twitterte Trump. Pjöngjang nannte das Angebot einen „sehr interessanten Vorschlag“. (APA, dpa)