Berlin – Ob Strafzölle, der nahende Brexit oder Wirtschaftssanktionen – deutsche Unternehmen spüren im Ausland die aktuellen Herausforderungen auf den Weltmärkten deutlich. Die globalen Handelsstreitigkeiten belasten die Lieferketten und führen zu einer Abkühlung der Weltwirtschaft. Das belegen die Antworten von über 4.500 Mitgliedsfirmen der Deutschen Auslandshandelskammern, Delegationen und Repräsentanzen (AHKs) im „AHK World Business Outlook“.
Demnach erwarten nur noch 24 Prozent der weltweit aktiven deutschen Betriebe eine Verbesserung der Konjunktur in ihrem Gastland. 27 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vor Ort, sodass der Saldo aus Besser- und Schlechter-Bewertungen mit minus drei Punkten erstmals einen negativen Wert erreicht.
Ursache für die schlechte Bewertung der Weltkonjunktur ist vor allem die Wirtschaftspolitik in vielen Ländern: Hierin sehen mehr als die Hälfte der Unternehmen ein steigendes Hindernis für die eigenen Geschäfte. Und: Zu den Top 5 der Risiken für die Entwicklung ihres Auslandsgeschäftes zählen erstmals Handelsbarrieren sowie die Bevorzugung einheimischer Betriebe. Dazu gehören zum Beispiel Zölle oder zusätzliche lokale Anforderungen für die Zertifizierung von Produkten.
Bereits seit Jahren gibt es im Welthandel eine Zunahme von protektionistischen Maßnahmen, die den Austausch von Gütern und Dienstleistungen beeinträchtigen. Zusätzlich erschwert wird die Lage durch die jüngsten Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China sowie die Zoll- erhöhungen der USA gegenüber der EU.
Auch in Ländern wie Russland, Saudi-Arabien oder der Türkei beobachten die deutschen Unternehmen eine Zunahme von Handelsbarrieren. Dadurch werden bestehende Lieferstrukturen und Händlerbeziehungen beschädigt und der weltweite Handel eingeschränkt.
Zwar schlagen sich die deutschen Betriebe im Ausland unter den aktuell schwierigen Um- ständen recht passabel, doch das Umfeld wird rauer. Die Abkühlung der Weltwirtschaft sorgt für Zurückhaltung bei Investitionen und Beschäftigung im Ausland. Aber auch die Exportunter- nehmen und Zulieferer hierzulande reduzieren ihre Planungen für neue Investitionen und Be- schäftigung. Das schwierige außenwirtschaftliche Umfeld trifft damit direkt den deutschen Standort – schließlich hängt ein Viertel der deutschen Jobs vom Welthandel ab.
Die Unternehmen hierzulande sind auf faire und verlässliche Regeln für den internationalen Handel angewiesen. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft sollte deshalb die Handelspolitik ganz oben auf der politischen Agenda der neuen EU-Kommission stehen. Der Abschluss moderner und umfassender EU-Handelsabkommen mit möglichst vielen Partnern in der Welt sowie eine Stärkung der Welthandelsorganisation WTO sind die besten Mittel, um aus der Negativspirale von schwächerer Weltwirtschaft und zunehmendem Protektionismus herauszukommen. Die EU muss sich in den kommenden Jahren bei Handelsstreitigkeiten mehr denn je als geschlossener Block gegenüber anderen Wirtschaftsmächten wie den USA und China behaupten und selbst weltweite Standards für offene Märkte setzen. Dass dies gelingen kann, zeigen die jüngsten Einigungen auf EU-Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und Vietnam.