BERLIN – Das „Korea Independent Filmfestival“ in Berlin öffnet vom 25. Oktober bis zum 4. November im Filmkunstkino Babylon am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz für 11 Tage seine Pforten. In diesem Jahr wird das Filmfestival zum achten Mal stattfinden, nachdem es 2017 durch das Koreanische Kulturzentrum ins Leben gerufen wurde. Im Laufe der Jahre hat es sich zu einem wichtigen Kulturereignis entwickelt, das an Popularität gewonnen hat und interessierten Menschen insbesondere unabhängige koreanische Filme nahebringt.
Beim diesjährigen Festival werden 10 Filme präsentiert: „A Lonely Island in the Distant Sea“ von Mi-young Kim, „a Wild Roomer“ von Jeong-hong Lee, „Ms. Apocalypse“ sowie „An Old Lady“ von Sun-ae Lim, „FAQ“ von Da-min Kim, „Will you please stop, please“ von Eun-yeong Kim, „The Boys Who Cried Wolf“ von Jin-hwang Kim, „Nam June Paik: Moon Is the Oldest TV“ von Amanda Kim, „Poetry on Land“ von Dawoon Jung und „A Man Who Heals the City“ von Hyeonji Kim.
Eröffnet wird das Festival mit „A Lonely Island in the Distant Sea“ von Mi-young Kim. Der Film handelt von Youn-chul, der die Orientierung im Leben verloren hat, seiner Tochter Jina, die noch nach ihrem eigenen Weg sucht, und Young-ji, Youn-chuls Liebhaberin. Der Film, der sich durch eine ruhige Atmosphäre auszeichnet, fängt die sich entwickelten Beziehungen zwischen den drei Protagonisten ein. Nach der Filmvorführung werden die Regisseurin Mi-young Kim und der Hauptdarsteller Jong-hwan Park dem Publikum am Eröffnungstag weitere Einblicke rund um das Werk geben.
„A Wild Roomer“ wurde von der Kritik für seine Charaktere mit starken Persönlichkeiten sowie für seine spannenden Wendungen gelobt. Er handelt von dem Tischler Kihong, der entdeckt, dass das Dach seines Autos beschädigt wurde, und der sich nun auf die Suche nach dem Schuldigen macht. Obwohl der Protagonist zunächst seltsam erscheint und sein Verhalten schwer zu durchschauen ist, erkennt man schnell, dass sich hinter dieser rätselhaften Fassade ein liebenswerter Kern verbirgt. Und schließlich fragt man sich: Wer ist hier eigentlich derjenige, der sich merkwürdig verhält?
Ebenfalls gezeigt werden Debütfilme wie „An Old Lady“ und „Ms. Apocalypse“ von Sun-ae Lim. Während „An Old Lady“ das schwierige Thema eines sexuellen Übergriffs auf eine ältere Frau behandelt, steht in „Ms. Apocalypse“ die Beziehung zwischen zwei Frauen im Mittelpunkt. Aufgrund ihres Aussehens und ihrer Behinderung wurden sie aus der Gesellschaft ausgestoßen und unterstützen sich nun gegenseitig auf ihrem Weg zurück ins Leben.
„FAQ“ und „Will you please stop, please“ sind überraschend brillante und witzige Filme, die auf eine absurde, aber charmante Weise unterschiedliche Perspektiven beleuchten. In „FAQ“ lernen wir die Welt aus dem Blickwinkel kindlicher Unschuld kennen, während „Will you please stop, please“ uns die Sichtweise von Büroangestellten näherbringt. Beide Filme laden dazu ein, die Welt auf humorvolle Weise durch neue Augen zu sehen.
In diesem Jahr werden bei „Korea Independent“ drei Dokumentarfilme vorgestellt. „Nam June Paik: Moon Is the Oldest TV“ ist ein Film über den Pionier der Videokunst Nam June Paik. „Poetry on Land“ behandelt die Philosophie der koreanischen Gartenarchitektin der ersten Generation, Youngsun Jung, die mit dem Sir Geoffrey Jellicoe Award, der weltweit höchsten Auszeichnung für Landschaftsarchitektur, ausgezeichnet wurde. „A Man Who Heals the City“ stellt Jangha Kim vor, der das buddhistische Konzept des „Mu-Ju-Sang-Bo-Si“ (den Zustand, vom Wunsch nach Anerkennung befreit zu sein) praktiziert.
In der Sonderkategorie „Rückblick“ werden ältere koreanische Independent-Filme noch einmal aus der Vergangenheit hervorgeholt und vor Publikum präsentiert. In diesem Jahr wird der Schauspieler Jong-hwan Park nach Berlin kommen, der nicht nur der Hauptdarsteller des diesjährigen Eröffnungsfilms ist, sondern bereits in „The Boys Who Cried Wolf“ aus dem Jahr 2016 die Hauptrolle spielte. Das Festival bietet die besondere Gelegenheit, den Schauspieler, der als ‚Gesicht des koreanischen Independent-Films‘ gilt, sowohl in einer früheren als auch in einer aktuellen Rolle zu erleben.
Filminformationen:
A Lonely Island in the Distant Sea
절해고도 / 2023
Im Anschluss an die Vorführung Publikumsgespräch 25.10. 19:00 | 10.26. 20:00
zusätzliche Vorführung 31.10. 20:00 | 01. 11. 20:00 | 02. 11. 22:30 | 03. 11. 20:00
Regie: Mi-young Kim /Schauspiel: Jong-hwan Park, Yeon Lee, Kyung-hun Kang /Drama /110min /OmeU
Der Titel „A Lonely Island in the Distant Sea“ bedeutet ,eine einsame Insel weit weg vom Land‘. Dies beschreibt die Situation des Protagonisten Youn-chul (Jong-hwan Park), der davon träumte, Künstler zu werden, nun aber geschieden ist und als Innenarchitekt arbeitet. Youn-chul, seine Tochter Jina (Yeon Lee), die plötzlich Nonne werden möchte und dafür das Haus verlässt, und Youn-chuls Freundin Young-ji (Kyung-hun Kang) sind wie einsame Inseln, die getrennt voneinander existieren. Der Film fängt auf anmutige Weise ein, wie sich die Protagonist:innen auf ihren Lebenswegen immer wieder begegnen und durch eine Reihe von Geschehnissen auf neue Weise zueinander finden. Youn-chuls poetische Erzählweise vor der Kulisse der wechselnden Jahreszeiten kann nur begeistern. Beim 26. Internationalen Filmfestival von Busan wurde der Film mit einem Preis ausgezeichnet.
A Wild Roomer
괴인 / 2023
28.10. 22:00 | 02.11. 20:00
Regie: Jeong-hong Lee /Schauspiel: Ki-hong Park, Kyong-jun Choi /Drama /136min /OmeU
Dieses Werk wurde wegen seines einzigartigen Charakters 2023 von vielen als „Film des Jahres“ bezeichnet. Die Handlung entwickelt sich in einem gemächlichen Tempo und es wird ein besonderer Fokus auf die Eigenarten der porträtierten Personen gerichtet, wobei es dem Film gelingt, die Spannung stets aufrechtzuerhalten. Da alle Charaktere ein wenig seltsam erscheinen, regt der Film zu Reflektionen darüber an, ob man selbst nicht auch ein wenig eigenartig ist. Der Großteil der Darsteller:innen, einschließlich des Hauptdarstellers Ki-hong, sind keine professionellen Schauspieler:innen, aber gerade das trägt wesentlich zur besonderen Atmosphäre und Originalität bei. Beim 27. Internationalen Filmfestival von Busan gewann „a Wild Roomer“ vier Preise und beim Seoul Independent Film Festival sogar den Hauptpreis.
FAQ
막걸리가 알려줄거야 / 2024
29.10. 18:00 | 04.11. 18:15
Regie: Da-min Kim /Schauspiel: Na-eun Park, Hyo-joo Han /Komödie, Drama, SF /91min /OmeU
Die Geschichte von Dong-chun (Park Na-eun), einem Viertklässler an einer Privatschule, der den Morsecode des traditionellen alkoholischen Getränks Makgeolli entschlüsselt. Der Inhalt mag zunächst Fragen aufwerfen, aber der Film „FAQ“ schafft es, auf humorvolle Weise mehrere Genres zu verbinden und gleichzeitig Kritik an der privaten Bildung in Korea zu üben. Am Ende des Films gibt es eine überraschende, gruselige Wendung. Da-min Kim, die Autorin des Netflix-Dramas „A Killer Paradox“, feiert nun mit „FAQ“ ihr Spielfilmdebüt.
Ms. Apocalypse
세기말의 사랑 / 2024
27.10. 17:00 | 29.10. 20:00
Regie: Sun-ae Lim /Schauspiel: You-young Lee, Sunoo Lim, Jae-won Roh /Drama /116min /OmeU
Was, wenn zwei Frauen denselben Mann lieben? Dieser Film erzählt eine andere Geschichte als die von gewöhnlicher Eifersucht. Die Handlung beginnt damit, dass Young-mi (You-young Lee) ins Gefängnis muss, weil sie ihren Schwarm und verheirateten Kollegen Do-young (Jae-won Roh), der illegal Gelder veruntreut hat, gedeckt hat. Am Tag ihrer Entlassung wird sie unerwartet von Do-youngs Frau You-jin (Sunoo Lim) abgeholt. Da beide Frauen Hilfe benötigen – You-jin, da sie gelähmt ist, und Young-mi, da sie nach ihrer Entlassung keine Bleibe hat – tun sich die beiden zusammen und lernen dabei die Schwächen der jeweils anderen kennen sowie die Eigenschaften, mit denen sie sich ergänzen.
Der Film, der eine ,Sleeping With The Enemy´-Situation darstellt, veranschaulicht die Reise beider Frauen auf dem Weg zurück ins Leben. Die schauspielerische Harmonie zwischen You-young Lee und Sunoo Lim ist wundervoll anzusehen, und alle einzelnen Komponenten machen den Film zu einem wahren Zuschauererlebnis.
An Old Lady
69세 / 2020
28.10. 20:00 | 04.11. 19:30
Regie: Sun-ae Lim /Schauspiel: Soo-jung Ye, Joo-bong Ki /Drama /100min /OmeU
Dieser Film ist das Spielfilmdebüt der Regisseurin Sun-ae Lim. Die Protagonistin Hyo-jung (Soo-jung Ye), eine 69-jährige Frau mit Schulterbeschwerden, trifft im Krankenhaus auf einen 29-jährigen Pfleger, der sie sexuell belästigt. Hyo-jung erstattet Anzeige bei der Polizei, stößt aber auf Vorurteile und Misstrauen. Der Film befasst sich mit Menschenwürde und den gesellschaftlichen Vorurteilen gegenüber Opfern sexuellen Missbrauchs, unter denen die Betroffenen immer noch leiden. Er ist auch deshalb von Bedeutung, weil er ein von der Gesellschaft oft übersehenes Problem thematisiert und kritisiert.
Will you please stop, please?
더 납작 엎드릴게요 / 2024
30.10. 18:30 | 02.11. 18:30
Regie: Eun-yeong Kim /Schauspiel: Yeon-kyo Kim, Ri-woo Jang /Drama /63min /OmeU
Der Film gewährt Einblicke in die Arbeitswelt von Angestellten eines buddhistischen Verlags in einem Tempel. Basierend auf einem Essay beleuchtet er die Erfahrungen der Autorin, die selbst fünf Jahre lang in einem solchen buddhistischen Buchverlag gearbeitet hat. Die Handlung spiegelt viele Situationen wider, mit denen Büroangestellte sich identifizieren können, und vermittelt diese auf humorvolle Weise. Die vom Job ausgelaugte Hauptprotagonistin (Yeon-kyo Kim) punktet mit ihrer charmanten Art. Eine nichtprofessionelle Filmtechnik und ein amateurhaftes Maskenbild tragen zum besonderen Charakter des Films bei und verleihen ihm zusätzlichen Humor. Ein Muss für alle, die schon einmal daran gedacht haben, ihren Job zu kündigen.
Nam June Paik: Moon Is the Oldest TV
백남준: 달은 가장 오래된 TV / 2024
27.10. 19:15 | 30.10. 20:00 | 04.11. 22:00
Regie: Amanda Kim /Schauspiel: Nam June Paik, Steven Yeun /Dokumentation /110min /OV
Nam June Paik (1932–2006) wurde oft als „Exzentriker“ oder „Genie“ bezeichnet. Dieser Dokumentarfilm begleitet das Leben des „globalen Nomaden“, der mit großer Hingabe von Amanda Kim porträtiert wird. Paik hat als Pionier der Videokunst bedeutende Spuren hinterlassen. Sein Lebensweg umfasst ein Studium in Deutschland, die Mitwirkung im avantgardistischen Künstlerkollektiv ,Fluxus‘ sowie die weltweit erste Satelliten-Live-Übertragung mit „Good Morning Mr. Orwell“ (1984).
Der Hauptdarsteller des Netflix-Dramas „Beef“, Steven Yeun, übernahm die Narration des Films. Die Titelmusik wurde von Paiks ebenfalls bereits verstorbenem Freund, dem berühmten Filmkomponisten Ryuichi Sakamoto, komponiert. „Nam June Paik: Moon Is the Oldest TV“ wurde beim Sundance Film Festival ins Rennen geschickt und von der britischen Zeitung The Guardian als „Film des Jahres“ ausgezeichnet.
Poetry on Land
땅에 쓰는 시 / 2023
31.10. 17:15 | 03.11. 18:15
Regie: Dawoon Jung /Schauspiel: Young-sun Jung /Dokumentation /113min /OmeU
Die Geschichte der koreanischen Gartenarchitektur ist eng mit der Architektin Young-sun Jung verknüpft. Als Pionierin der ersten Generation hat sie ihr Leben der Gestaltung vielfältiger sozialer und kultureller Räume und der Schaffung von Landschaften gewidmet, die mit der Natur harmonieren. Der Dokumentarfilm umfasst die vier Jahreszeiten und die Philosophie von Young-sun Jung. Sie hat sich bemüht, Orte wie den Seouler Han-Fluss, den Seonyudo-Park, den Yeouido Saetgang Ökologischen Park, die Gärten des Asan Medical Centers, den Garten des Nationalmuseums von Korea und den Olympiapark in Seoul zugänglich zu gestalten und den öffentlichen Raum mit der Natur zu verbinden. Zu ihren früheren Dokumentarfilmen zählt unter anderem „The Sea of Itami Jun“ (2019).
A Man Who Heals the City
어른 김장하 / 2023
29.10. 22:15 | 31.10. 18:00
Regie: Hyeon-ji Kim /Schauspiel: Jang-ha Kim, Joo-wan Kim /Dokumentation /105min /OmeU
In Südkorea gibt es die Bezeichnung „Kkondae“, ein Slangbegriff für ältere Menschen, die ihre veralteten Denkweisen anderen aufdrängen wollen. Der Film wirft einen zynischen Blick auf eine Zeit, in der „echte Erwachsene“ zu fehlen scheinen. Im Mittelpunkt des Films steht Jang-ha Kim, der einen Laden für Kräutermedizin betreibt und es sich heimlich zur Aufgabe gemacht hat, Bedürftige zu unterstützen. Um mehr über ihn herauszufinden, befragt das Filmteam Menschen, die von seiner Unterstützung profitiert haben, denn Jang-ha Kim wird bei Fragen zu seinen guten Taten oft wortkarg. Bei den Interviews teilen die Zeuginnen und Zeugen bewegende Geschichten über ihre Erfahrungen mit dem Mann und zeichnen so ein Bild von Jang-ha Kim, das zutiefst berührt. Der Dokumentarfilm klärt somit die Frage, was es heißt, ein ,echter Erwachsener‘ zu sein und ,wie schön das Altern sein kann´.
SONDERKATEGORIE: Rückblick
The Boys Who Cried Wolf
양치기들 / 2016
26.10. 22:15 | 28.10. 18:15 | 30.10. 22:15 | 01.11. 22:15
Regie: Jin-hwang Kim /Schauspiel: Jong-hwan Park, Rae-hyung Cha /Krimi /80min /OmeU
Wan-joo (Jong-hwan Park) verdient seinen Lebensunterhalt mit einer Agentur, die Lügen verkauft.
Als er gebeten wird, als falscher Zeuge eines Mordes auszusagen, erhält er durch die Suche nach der Wahrheit Einblicke in die Grenze zwischen „Lüge und Wahrheit“. Der Film gewann beim 20. Internationalen Filmfestival von Busan eine Auszeichnung. Jong-hwan Park porträtiert auf charmante Weise die Hauptfigur, die sich in einer modernen Version von ,The Boy Who Cried Wolf’ in ihre eigenen Lügen verstrickt.