Kiew – Seit Montag untersuchen internationale Luftfahrt-Experten den Absturz der malaysischen Boeing in der Ostukraine. Ein MH17-Einsatzzentrum wurde in Charkow eingerichtet. Derweil gibt es eine neue Luft-zu-Luft-Abschuss-Theorie.
Nach dem Absturz von Malaysia-Airlines-Flug MH17 über dem Osten der Ukraine vor vier Tagen beginnen langsam die koodinierten Unfalluntersuchungen. Die ukrainische Regierung am Montag ihre Bereitschaft erklärt, die Leitung der Ermittlungen zum Absturz zunächst den niederländischen Experten zu überlassen.
Vom ukrainischen Charkow aus werden die Niederländer nun zunächst einmal die Identifizierung der Absturzopfer koordinieren. Von den 298 Toten sind mit 193 fast zwei Drittel der Opfer Niederländer. Völkerrechtlich ist für die gesamte Letung der Unfalluntersuchungen eigentlich die Ukraine zuständig. Da die Ukraine aktiver Teil der militärischen Auseinandersetzungen im Unglücksgebiet ist, weigern sich die prorussischen Separatisten allerdings, mit Kiew zusammenzuarbeiten.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen soll am Montag über zwei Resolutionsentwürfe zum Flugzeugabsturz entscheiden. Dem einen Papier nach soll die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO unter der Leitung der Ukraine alle Dokumente auswerten. Russland will hingegen nicht, dass die ukrainischen Behörden die Verantwortung haben, sondern schlägt in einem eigenen Resolutionsentwurf auch dafür die ICAO vor.
Ermittler werten zunächst Fotos aus
Zunächst verschafften sich die internationalen Flugunfallermittler aus dem 300 Kilometer entfernten Charkow einen Überblick zur Unglücksstelle. Dem ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk zufolge kamen dort bislang insgesamt 31 Ermittler an. Neben 23 Niederländern seien dies Experten aus Deutschland, Großbritannien, Australien und den USA vor Ort.
Als erstes gaben die internationalen Unfallermittler Fachleuten an der Absturzstelle Order, weitere Panoramabilder zu erstellen. Auch Teile des Rumpfes und des Cockpits sollten genauer fotografiert werden. In wie weit die Luftfahrtexperten am Montag ungehinderten Zugang zur Absturzstelle hatten, ist bislang nicht klar. Zuvor behinderten schwer bewaffnete Separatisten OSZE-Angaben zufolge die Arbeit.
Bergungsarbeiten am Wrack beendet
Am Absturzort nahe Grabowo sind bereits seit dem Wochenende Vertreter der Ukraine und aus Malaysia am Werk. Im Umkreis sind den Angaben zufolge 282 Todesopfer und 87 Leichenteile der übrigen 16 Todesopfer gefunden gefunden worden. Die einheimischen Teams würden damit die Arbeiten in der Nähe von Grabowo vier Tage nach dem Absturz der Boeing 777-200 einstellen. Die Fläche war zuletzt von 35 auf 50 Quadratkilometer erweitert worden.
Daneben ist seit Montag ein Team niederländischer Experten am Bahnhof der Stadt Tores im Einsatz. Aus Tores, das von separatistischen Kräften kontrolliert wird, sollen die Überreste von zunächst 251 Opfern in einem Kühlzug nach Charkow gebracht werden. Nach Auffassung der Experten sind die Leichen fachgerecht gelagert. Die Niederlande wollen jedoch die Opfer so schnell wie möglich außer Landes bringen.
Auch zu den Flugschreibern gibt es Neuigkeiten. Die prorussischen Separatisten bekräftigten, den Flugdatenschreiber und den Stimmenrekorder der Maschine im Besitz zu haben. «Es sieht jedenfalls so aus, als seien das die Geräte. Wir übergeben sie internationalen Ermittlern», sagte der Separatistenanführer Alexander Borodaj. Borodaj sagte weiter: «Die Flugschreiber sind in Donezk, und wir übergeben sie nur internationalen Organisationen. Die ukrainische Regierung wird die Daten sonst fälschen.»
Das Passagierflugzeug von Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord war am Donnerstagabend im umkämpften Osten der Ukraine abgestürzt. Die Staatsführung in Kiew und die prorussischen Separatisten in der Region bezichtigen sich gegenseitig, die Boeing 777 abgeschossen zu haben.
Vor dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine ist nach russischen Angaben ein ukrainischer Kampfjet in der Nähe gewesen. Der Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 sei auf die Boeing zugeflogen und habe sich auf drei Kilometer angenähert. Das ergebe sich aus Aufzeichnungen der russischen Flugüberwachung.
Wenn die Amerikaner Aufnahmen eines «Buk»-Raketenstarts hätten, sollten sie diese vorlegen, sagte der Generalleutnant. Die USA haben den Verdacht geäußert, dass die Separatisten die Zivilmaschine mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen haben.
Die Ukraine und vor allem auch die USA hatten Russland zuvor die Schuld an der Tragödie gegeben. Amerika geht davon aus, dass das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete vom Typ SA-11 des Flugabwehrsystems Buk abgeschossen wurde. Quelle: dpa/AFP