Minister Altmaier trifft Huawei-Gründer Ren Zhengfei

Shanghai/Berlin – In der Kontroverse um Chinas Telekomriesen Huawei will Wirtschaftsminister Peter Altmaier dem Gründer Ren Zhengfei persönlich die Sicherheitsanforderungen beim Ausbau des deutschen Mobilfunknetzes darlegen. Am Ende seines dreitägigen Besuches in China kommt Altmaier in Shanghai zu einem Gespräch mit dem Huawei-Chef zusammen.

Das geplante Treffen wurde erst kurzfristig durch einen „Handelsblatt“-Bericht bekannt. Es sollte wohl nicht an die große Glocke gehängt werden – dennoch beschrieb der CDU-Politiker das Treffen als eine Selbstverständlichkeit. Es sei ganz normal, einem Unternehmen, das in großem Maße in Deutschland tätig sei, die Möglichkeit zu geben, seine Sicht der Dinge dem zuständigen Minister vorzutragen, sagte er. Der Gesprächstermin sei auf Wunsch von Huawei zustande gekommen.

Altmaier hat sich vorher eng mit den Partnern in Frankreich und Spanien, mit der EU-Kommission sowie innerhalb der Bundesregierung und auch mit den USA abgestimmt. Aus Altmaiers Sicht gehört es zu seinen Aufgaben, sich selbst ein Bild zu machen. Er will in dem Gespräch mit dem Huawei-Gründer deutlich machen, dass die Sicherheit der Telekommunikation in Deutschland, der Schutz der Daten der Bürger und die Einhaltung deutscher Gesetze ganz entscheidende Parameter sind. Umgekehrt will er zuhören, was Ren zu sagen habe. Diese Chance will Huawei nutzen: „Wir versuchen, auf alle zuzugehen und einen Dialog zu führen“, sagte eine Quelle.

Der führende Netzwerkausrüster hofft darauf, mit seiner Hardware beim Ausbau des neuen Mobilfunknetzes nach dem superschnellen 5G-Standard in Deutschland zum Zuge zu kommen. Die USA haben aber Sicherheitsbedenken gegen die Technik des Konzerns, der im Handelskrieg zwischen den USA und China zwischen die Fronten geraten ist. Aus Angst vor Spionage warnen die USA ihre Partner davor, Telekomausrüstung von Huawei einzusetzen. Beweise für die Vorwürfe wurden aber nicht vorgelegt.

„Europa heißt uns noch willkommen“

In dem Streit setzt Huawei voll auf die Europäer. „Trotz des starken Drucks vertrauen sie uns noch“, sagte Ren Zhengfei in einem Interview mit dem US-Sender CNBC. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich Europa nicht abwenden werde. „Europa heißt uns noch willkommen.“ US-Präsident Donald Trump hatte den Streit im Mai noch verschärft, indem er Huawei sogar auf eine schwarze Liste von Unternehmen setzte, deren Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen unterliegen. Danach haben viele internationale Unternehmen ihre Kooperation mit Huawei, der auch der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt ist, vorerst unterbrechen oder auf den Prüfstand stellen müssen.

Wie sich Deutschland beim Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards verhält, dürfte auch Einfluss auf andere Länder haben. Es geht Altmaier bei dem Gespräch mit dem Huawei-Gründer um die Vermittlung von Fakten und den Austausch von Argumenten. Es soll der Entscheidungsfindung in Deutschland helfen, die nach seinem Willen nicht politisch erfolgen soll, sondern auf der Grundlage klarer Sicherheitskriterien durch die Zertifizierung von Hard- und Software. Kein Unternehmen soll diskriminiert werden. Doch müssten alle „höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen“. Das will Deutschland gesetzlich festlegen, prüfen und zertifizieren. So zeigte sich Altmaier in Peking zuversichtlich, dass „Lösungen im beiderseitigen Interesse“ gefunden werden.

Vor der Weiterreise nach Schanghai traf Altmaier in Peking noch den Chefunterhändler in den festgefahrenen Handelsgesprächen zwischen den USA und China, Vizepremier Liu He. Nächste Woche werden sich Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Rande des Gipfels der großen Wirtschaftsnationen (G20) im japanischen Osaka treffen. Von dem Treffen wird abhängen, ob der Konflikt weiter eskaliert oder die Gespräche fortgesetzt werden. Es wird erwartet, dass Huawei dabei auch eine Rolle spielen wird.

Rennen um Technologieführerschaft

Die beiden größten Volkswirtschaften sind seit einem Jahr in einen erbitterten Handelskonflikt verstrickt. Die US-Regierung beklagt das hohe Handelsdefizit mit China, mangelnden Marktzugang und Diebstahl geistigen Eigentums. So haben die USA die Hälfte aller Importe aus China mit Sonderzöllen belegt, während Peking mit Gegenzöllen reagiert hat. Trump droht jetzt damit, die Strafmaßnahmen auf alle China-Einfuhren im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar auszuweiten.

Die US-Sanktionen haben Huawei in die schwerste Krise seiner Geschichte gestürzt. Der Konzern richtet sich auf einen starken Geschäftsrückgang ein. Der Umsatz dürfte dadurch in den kommenden zwei Jahren jeweils um 30 Milliarden Dollar unter den Vorhersagen liegen, berichtete Gründer Ren. Allein das internationale Smartphone-Geschäft werde in diesem Jahr um 40 Prozent schrumpfen. Im vergangenen Jahr hatte Huawei umgerechnet gut 100 Milliarden Dollar Umsatz gemacht.

Da die Vorwürfe der USA bislang nicht konkret belegt wurden, sehen viele Experten die Sanktionen im Kontext des Handelskonflikts und eines Rennens um die Technologieführerschaft in der Welt. Mit den Sanktionen können US-Chiphersteller, die wichtige Zulieferer sind, kaum noch Geschäfte mit Huawei machen. Auch wird dem Smartphone-Hersteller der Zugang zum Google-System Android erschwert. Der Konzern entwickelt deswegen unter Hochdruck ein eigenes Betriebssystem. Bis Mitte August werden nach einer Ausnahmegenehmigung bereits verkaufte Android-Smartphones noch mit allen Updates versorgt. Der Internet-Konzern setzt sich laut einem Medienbericht für eine Verlängerung ein. (dpa, Foto: dpa)