Frankfurt am Main – Von unterwegs aus die Heizung hochfahren, damit einen bei der Ankunft zuhause wohlige Wärme empfängt. Ãœber das Mobiltelefon sehen, wer an der Haustür klingelt oder im ganzen Haus per Knopfdruck Wohlfühlmusik sowie die passende Beleuchtung einschalten – das Angebot an intelligenten Technologien, die die eigenen vier Wände in ein Smart Home verwandeln, wächst. Denn Smart Living erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
Das bestätigt eine 2019 von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag der Wirtschaftsinitiative Smart Living (WiSL) durchgeführte repräsentative Umfrage: Rund die Hälfte aller Bundesbürger (48,0 %) glaubt demnach, dass smarte Anwendungen dazu beitragen können, das Leben komfortabler und sicherer zu machen, Tendenz steigend! Denn smarte Technologien werden im Zuge der Energiewende immer attraktiver, weil sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und den Einsatz Erneuerbarer Energien vorantreiben können.
Chancen für die E-Handwerke
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) nahm die wachsende Akzeptanz smarter Technologien im häuslichen Bereich zum Anlass, seine Innungsmitglieder zum Thema Chancen und Herausforderungen von Smart Home zu befragen*. Denn auch, wenn der Einstieg in den Bereich Smart Home oft spielerisch und niedrigschwellig, über einzelne vernetzte Anwendungen und Sprachsteuerungssysteme wie Siri, Alexa & Co., erfolgt: Die Nachfrage nach anspruchsvolleren Lösungen aus dem Bereich der Gebäudeautomation wächst. Und genau hier sind die Elektrohandwerke als Smart-Home-Experten gefragt.
Mehr als 60 Prozent der Betriebe im Smart-Home-Bereich aktiv
Galt Smart Home vor gar nicht so langer Zeit noch als elektrohandwerkliche Nische, so hat die Mehrzahl der Betriebe mittlerweile die Bedeutung dieses Segments erkannt und sieht dort Potential: 57 Prozent der befragten Handwerksunternehmen gehen davon aus, dass die Umsätze im Smart-Home-Bereich in den nächsten fünf Jahren steigen werden. 21 Prozent erwarten immerhin gleichbleibende Umsätze. Immer mehr Betriebe bieten daher Leistungen rund um smartes Wohnen an. Mehr als 60 Prozent (62,5 %) der Umfrageteilnehmer installieren bereits jetzt regelmäßig Smart-Home-Lösungen. Dabei ist die Anzahl der pro Jahr realisierten Smart-Home-Projekte bei vielen Betrieben aktuell noch relativ überschaubar. Knapp 81 Prozent der Betriebe (80,9 %) setzten in den vergangenen zwölf Monaten zwischen einem und neun Aufträge um, 15,4 Prozent zwischen zehn und 19 Aufträge. Lediglich 3,4 Prozent der Umfrageteilnehmer kamen auf über 20 Projekte.
Installation am häufigsten in Einfamilienhäusern
Dabei spielen Smart-Home-Lösungen bislang vor allem in einem Gebäudetyp eine wichtige Rolle: in Einfamilienhäusern. Knapp 91 Prozent der Betriebe haben hier smarte Technologien verbaut. In Zweckbauten waren immerhin noch 44,9 Prozent der Betriebe aktiv, in Mehrfamilienhäusern 30,9 Prozent. Interessant ist, auch das zeigt die Umfrage: Größere Betriebe bieten eher Smart-Home-Lösungen an, realisieren in diesem Bereich dann auch deutlich mehr Projekte und sind insgesamt stärker im Bereich Mehrfamilienhäuser oder Zweckbau aktiv als kleinere Betriebe.
Eine klare Aussage macht die Umfrage hinsichtlich der verbauten Systeme. Hier hat KNX/EIB mit 53,6 Prozent die Nase ganz klar vorn, gefolgt von free@home aus dem Hause Busch-Jaeger (17,0 %), eQ3 (5,7 %) und Loxone (5,3 %). Da verwundert es wenig, dass 53,8 Prozent der Betriebe auch künftig das größte Potential bei KNX/EIB sehen. free@home belegt beim Blick Richtung Zukunft mit 16,2 Prozent Platz zwei, Loxone mit 5,0 Prozent Platz drei. Kunden favorisieren ebenfalls Lösungen deutscher beziehungsweise europäischer Anbieter. Das bestätigte die Umfrage der GfK. Knapp 59 Prozent der Umfrageteilnehmer hatten erklärt, Lösungen deutscher Anbieter gegenüber solchen aus China oder Amerika zu bevorzugen und als Argument nicht nur die Datensicherheit angeführt, sondern auch eine höhere Servicequalität sowie eine bessere Unterstützung bei der Installation durch vor Ort verfügbare Fachleute. Argumente, die den E-Handwerken in die Karten spielen.
Vor allem Preis als Stellschraube
Was kann dazu beitragen, dass Smart Home eine noch größere Verbreitung findet? Bei der Frage nach den Herausforderungen führten die befragten Handwerksunternehmen zu allererst den Preis an. 42,2 Prozent der Smart-Home-Experten sind der Meinung, dass die angebotenen Produkte günstiger werden müssten. Was die Komplexität der Systeme und Anwendungen angeht, ergab die Umfrage eine eher gemischte Stimmungslage. So waren zwar 17 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Smart-Home-Produkte leichter zu installieren sein sollten, mehr als 70 Prozent teilten diese Meinung jedoch nur teilweise, oder eher weniger. Auch die Frage, ob Smart Home zu komplex für den Kunden sei, beantworteten nur 13,1 Prozent der Betriebe mit „trifft voll zu“. Knapp 40 Prozent (39,7 %) äußerten sich teilweise zustimmend. Eindeutiger ist das Bild hinsichtlich der Schnittstellen. So sprachen sich mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer (52,9 %) für einheitliche Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Standards aus – ein Thema, das im Zuge der Interoperabilität und der Diskussion um Datenmonopole weiter an Bedeutung gewinnen dürfte.
Wachsender Bedarf an Smart-Home-Experten
Ein wichtiger Faktor, der darüber entscheidet, in welcher Dimension künftig Smart-Home-Projekte realisiert werden, sind Fachkräfte. „Es werden immer mehr auf Smart Home spezialisierte Fachkräfte benötigt“ – diese Aussage unterstützen 40,4 Prozent der Umfrageteilnehmer, weitere 37,9 Prozent sagen immerhin, dass dies teilweise zutrifft. Um entsprechend aufgestellt zu sein, wollen denn auch 66 Prozent der befragten Handwerksunternehmen in den nächsten drei Jahren Mitarbeiter im Bereich Smart Home weiterbilden. 20 Prozent zeigten sich noch unentschlossen. Dabei werden, auch das zeigte die Umfrage, vor allem größere Betriebe die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in diesem Wachstumssegment forcieren.
Neuer Ausbildungsberuf „Elektroniker für Gebäudesystemintegration“
Doch nicht nur der Weiterbildung kommt eine hohe Bedeutung zu. Um langfristig sicherzustellen, dass für den Wachstumsmarkt Smart Home ausreichend Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen, muss das Thema auch entsprechend in der Ausbildung verankert werden. Der ZVEH hat daher bereits im Spätsommer 2019 beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Neuordnung der Ausbildungsberufe angestoßen. Sie beinhaltet unter anderem die Schaffung des neuen Ausbildungsberufs „Elektroniker für Gebäudesystemintegration“ und soll dazu beitragen, Dienstleistungen rund um Smart Home fester in der handwerklichen Dienstleistung zu verankern.
Smart Home Professional Award: Der wachsenden Bedeutung von Smart Home trägt auch der „Smart Living Professional Award“ Rechnung. Mit dem Preis zeichnet der ZVEH alle zwei Jahre e-handwerkliche Betriebe aus, die besonders innovative Smart-Living-Projekte umgesetzt haben. Der Preis wird in drei Kategorien – Wohnbau, Zweckbau und eigenes Unternehmen – vergeben.