Bangkok – In Thailand hat die Armee nach monatelangen Protesten am Dienstag den Ausnahmezustand verhängt. Ein Putsch sei das aber nicht, erklärten Militär und Regierung. „Wir sind besorgt, dass die Gewalt die Sicherheit des Landes insgesamt gefährden könnte“, begründete Armeechef Prayuth Chan Ocha den Schritt. „Um Recht und Ordnung in Land wiederherzustellen, haben wir das Kriegsrecht verhängt.“
Der amtierende Justizminister Chaikasem Nitisiri begrüßte den Schritt und sagte, die Regierung habe „noch immer die gesamte Macht, das Land zu führen“. Auch Armeesprecher Winthai Suvari sagte: „Die Regierung arbeitet weiterhin normal.“
Aufgrund der angespannten Lage hat die Regierung ein Krisentreffen angesetzt. Das Kabinett werde an einem sicheren Ort zusammenkommen, der aber geheim gehalten werde, sagte ein Berater des amtierenden Regierungschefs Niwatthamrong Boonsongphaisan am Dienstag.
Fernsehsender abgeschaltet
Auch die Pressefreiheit schränkte die Armee ein. Sie schaltete den Sendebetrieb von zehn Fernsehsendern ab. In der Anordnung hieß es zur Begründung, „um sicherzustellen, dass Nachrichten nicht verfälscht werden, was den Konflikt anheizen könnte“.
Unter den geschlossenen Sendern befinden sich sowohl Blue Sky, der Kanal, der den Regierungsgegnern nahe steht, als auch ein Sprachrohr der Regierungsanhänger, der Rothemden.
Proteste seit November
Seit November protestieren zehntausende Menschen gegen die Regierung, aber auch ihre Anhänger versammeln sich immer wieder zu Kundgebungen. Am 7. Mai hatte das Verfassungsgericht Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra und mehrere ihrer Minister wegen Machtmissbrauchs des Amtes enthoben. Seither hat sich die Lage in dem bei Urlaubern beliebten Land verschärft. Yinglucks Bruder, der frühere Regierungschef Thaksin Shinawatra, hat seine Landsleute zur Zurückhaltung aufgerufen. Er hoffe, dass keine Seite „Menschenrechte verletzt und die Demokratie weiter zerstört“, schrieb der umstrittene Politiker am Dienstag aus dem Exil im Internetportal Twitter.
Armeechef Prayuth mahnte zur Zurückhaltung: „Ich rufe alle Aktivistengruppen auf, ihre Aktivitäten einzustellen und mit uns zusammenzuarbeiten, um einen Weg aus der Krise zu finden.“ Er hatte vergangene Woche nach dem gewaltsamen Tod dreier Demonstranten erklärt, möglicherweise müsse das Militär eingesetzt werden, um für Ruhe zu sorgen. Fast 30 Menschen wurden seit Beginn der Proteste im November getötet. Die Armee, die in der Vergangenheit häufiger geputscht hatte, forderte in einer im Fernsehen ausgestrahlten Erklärung Gegner und Anhänger der Regierung auf, keine Protestzüge zu veranstalten.
Rothemden wollen weiter demonstrieren
Doch der Anführer der sogenannten Rothemden, die die Regierung unterstützen, kündigte weitere Demonstrationen in Bangkok an. Sie würden so lange dauern, bis das Land wieder zu demokratischen Grundsätzen zurückgekehrt sei, die in eine Wahl mündeten, sagte Jatuporn Prompan. Das Kriegsrecht begrüßte er. „Es ist gut“, sagte er.
Regierungsgegner: Wir bleiben
Auch die Gegner der amtierenden Regierung, die sich aus Anhängern des früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, Yinglucks Bruder, zusammensetzt, wollen ihre Proteste nicht beenden. „Wir werden heute zwar nicht marschieren“, sagte Sathit Wongnongtoey, einer ihrer Anführer. „Aber wir werden bleiben und protestieren, bis wir unser Ziel erreicht haben.“
Augenzeugen zufolge patrouillierten in Bangkok Soldaten und sicherten die Fernsehsender. Die Armee sei auf die Zusammenarbeit mit den Medien angewiesen, um die Bevölkerung zur Ruhe aufzurufen und ihr zu versichern, dass es sich nicht um einen Putsch handle, sagte ein General. Die Lage sei instabil. „Sie bringen sich jeden Tag gegenseitig um.“
Erst am Donnerstag hatten Demonstranten ein Treffen des amtierenden Regierungschefs Boonsongphaisan mit der Wahlkommission gestört und ihn zur Flucht gezwungen. Hunderte Protestierende waren auf ein Militärgelände im Norden Bangkoks vorgedrungen, wo der Ministerpräsident bemüht war, einen neuen Termin für die Parlamentswahl zu organisieren. Niwattamrong sah sich laut Teilnehmern des Treffens gezwungen, das Gelände zu verlassen. Einen Rücktritt schloss er am Montag aus. Quelle: APA
Foto:Â Armeechef Prayuth Chan-Ocha