Bangkok – Nach dem Scheitern mehrerer Vermittlungsversuche hat Thailands Militär am Donnerstag die Kontrolle im Land übernommen. Ein „Nationales Friedenskomitee“ habe die Verantwortung für die Staatsgeschäfte übernommen, sagte Armeechef Prayuth Chan-ocha in einer TV-Ansprache, die auf Anweisung des Militärs von allen Sendern im Land übertragen wurde.
An der Spitze dieses Gremiums, das sich dafür einsetzen solle, dass „die Gesellschaft wieder zum Frieden findet“, wird der General selbst stehen. In dieser Rolle will Prayuth zudem Reformen „der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Struktur“ durchsetzen. Die aktuelle Verfassung wurde außer Kraft gesetzt.
Als Begründung für den Schritt nennt die Armee die anhaltende Gewalt und die Proteste nach der Absetzung von Premierministerin Yingluck Shinawatra vor rund zwei Wochen durch das Höchstgericht. Schon am Dienstag hatten die Streitkräfte mit derselben Begründung das Kriegsrecht verhängt; Prayuth hatte damals aber noch Wert auf die Feststellung gelegt, dass es sich nicht um einen Putsch handle und die Regierung vorerst weiter im Amt bleibe. Ein runder Tisch mit Vertretern von Opposition und Regierung sollte eine Einigung bringen.
Dort waren einander die Anführer der „Gelbhemden“, die seit Monaten teils gewalttätig für ein Ende der aktuellen Regierung und die Einsetzung eines nicht demokratisch gewählten „Volkskomitees“ demonstriert hatten, und die Vertreter der Regierung offenbar nicht nähergekommen. Nach der Ausrufung des Putsches wurden laut Medienberichten Angehörige beider Seiten von der Armee festgenommen. Protestanführer Suthep Thaugsuban sei direkt nach der Besprechung abgeführt worden, hieß es. Auch die Mitglieder der amtierenden Regierung unter Ãœbergangspremier Niwatthamrong Boonsongpaisan seien aufgefordert worden, bei der Armee Meldung zu erstatten.
Ungelöster Gegensatz
Schon seit mehr als einem Jahrzehnt stehen sich die Anhänger der Pheu-Thai-Partei und jene der „Demokratischen Partei“ unversöhnlich gegenüber. Pheu Thai sieht sich als Vertreterin der wirtschaftlich benachteiligten und politisch lange marginalisierten Landbevölkerung. Mit populistischen Versprechen versuchte die maßgeblich von der Familie des Milliardärs und Ex-Premiers Thaksin Shinawatra kontrollierte Fraktion sich deren Loyalität zu sichern. Die „Demokratische Partei“ sieht sich dagegen als Vertreterin traditioneller Eliten. Neben der wohlhabenderen städtischen Schicht Bangkoks finden sich in ihren Reihen auch zahlreiche Mitglieder der Justiz. Jene Mehrheit der Bevölkerung, die Pheu Thai bei Wahlen verlässlich Mehrheiten gesichert hatte, sieht sie als ungebildet und politisch unreif.
In der Vergangenheit wurde auch die Armee, die seit 1932 schon oft putschte (siehe Wissen unten), meist dieser konservativen Strömung zugerechnet. Prayuth schien hingegen bemüht, sich politisch neutral zu zeigen.
Einen konkreten Plan dazu, wie die politische und soziale Spaltung des Landes nun überwunden werden könne, legte die Armee vorläufig nicht vor: Vorerst sollten vor allem die Protestcamps der beiden verfeindeten Lage geräumt werden. Die Armee wollte den Demonstranten dazu auch Transportmöglichkeiten für ihre Rückkehr bereitstellen. Jatuporn Prompan, ein Anführer der regierungstreuen „Rothemden“, sagte kurz nach der Ansprache, der Protest werde trotzdem weitergehen.
In Berichten aus Bangkok war von einer weitgehend friedlichen Räumung der Protestcamps die Rede, Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht; allerdings sollen die thailändischen Soldaten vereinzelt in die Luft geschossen haben. Für die Zeit zwischen 22 und fünf Uhr wurde eine Ausgangssperre erlassen.
Österreichs Außenministerium ruft Urlauber in Bangkok dazu auf, sich von Menschenansammlungen fernzuhalten und mit einer erhöhten Militärpräsenz zu rechnen. Eine Reisewarnung für das Land gab es zunächst aber nicht. Solange eine solche nicht besteht, fallen für Stornos von geplanten Urlaubsreisen in das Land Gebühren an. Quelle: standard