Berlin – Mit der Insolvenz von Thomas Cook und ihren Folgen eröffnete der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV) die 69. Jahrestagung des Verbandes in Hamburg auf der MS Artania von Phoenix Reisen: „Die Insolvenz des Erfinders der Pauschalreise ist ein harter Schlag und stellt die Branche vor ernstzunehmende Herausforderungen“, so Norbert Fiebig. Eine Insolvenz in dieser Größenordnung treffe die Reisewirtschaft stark.
„Thomas Cook ist zwar insolvent, nicht jedoch die Pauschalreise“, brachte es der DRV-Präsident auf den Punkt. Seit 25 Jahren habe die Pauschalreise ihre Leistungsversprechen vollumfänglich eingehalten – bei Insolvenzen, Naturkatastrophen, Terroranschlägen und Unfällen. Dementsprechend stelle sich nun insbesondere die Frage nach der künftigen Ausgestaltung der Insolvenzabsicherung. „Wir brauchen ein System, das den Schutz der Kunden gewährleistet und das wirtschaftlich tragfähig ist.“ Eine Aufgabe, an der Politik, Versicherungen und die Reisewirtschaft bereits intensiv gemeinschaftlich arbeiten.
In der gesamten Branche gibt es laut Fiebig lediglich eine Handvoll Reiseveranstalter, die auf eine Schadenssumme kommen könnten, die über 110 Millionen Euro liegt. Man müsse daher genau schauen, wo die Lücken sind, und darauf achten, dass neue Modelle versicherbar blieben und die Finanzkraft der Unternehmen abbildeten. „Was die Branche nicht braucht, ist eine Sozialisierung der Risiken“, betonte Fiebig. Die Politik mahnte der DRV-Präsident vor Schnellschüssen. Im Übrigen sei die Reisewirtschaft die einzige Branche, die eine Kundengeldabsicherung verpflichtend liefern müsse.
Trotz aller Diskussionen ist laut Fiebig das Vertrauen in die Pauschalreise nicht erschüttert: „Die Pauschalreise ist weit mehr als nur die Absicherung von Kundengeldern.“ Die Menschen wollen in den Urlaub fahren – und sie wollen jemanden haben, der ihnen die Reise professionell organisiert – von Anfang bis Ende, erläuterte er. Darüber hinaus umfasse die Pauschalreise weitere Vorteile wie: professionelles Krisenmanagement, Reiseleitung sowie persönliche Ansprechpartner vor Ort – Vorteile, die individuell Reisende nicht haben. In diesem Zusammenhang hob der Präsident den Mehrwert der Reisebüros – als kompetenter Helfer, Berater und persönliche Anlaufstelle – hervor. „Die Reisebüros haben einen hervorragenden Beitrag für die Reputation der gesamten Branche und der Pauschalreise geleistet.“
Klimawandel und Nachhaltigkeit: CO2-neutrale Mobilität als Ziel
Das Jahr 2019 steht in Deutschland im Zeichen des Klimawandels, was sich omnipräsent in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und den Medien zeigt. „Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist in der Gesellschaft gestiegen und jeder weiß, dass er dabei eine Verantwortung hat“, betonte der DRV-Präsident in seiner Rede das Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit. „Als Reisewirtschaft begrüßen wir die Diskussion, denn sie erhöht die Sensibilität auf beiden Seiten – auf Seiten der Wirtschaft und auf Seiten der Kunden“, so Fiebig weiter. Die Reisewirtschaft werde Teil der Problemlösung sein, denn Reisen ohne intakte Umwelt, ohne zufriedene Gastgeber und Menschen in den Zielgebieten habe keine Zukunft. „Als Reiseindustrie stehen wir zu unserer Verantwortung“, erklärt Fiebig.
Die öffentliche und die politische Aufmerksamkeit in Sachen CO2-Verbrauch und Reisebranche stehe seiner Meinung nach allerdings in einem Missverhältnis. „Nicht Verbote sind die Lösung, sondern die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Innovationen“, ist der DRV-Präsident überzeugt. „So können wir Nachahmer auf der Welt finden und eine globale Wirkung erzeugen.“ Dennoch seien gerade die CO2-Emissionen in Zusammenhang mit der Mobilität aktuell die größte Herausforderung. „Unser Ziel muss die CO2-neutrale Mobilität sein!“
Die Kreuzfahrt ist Vorreiter im maritimen Umweltschutz
Die Kreuzfahrtreedereien haben in den letzten Jahren nicht nur hohe Summen in neueste Schiffe mit energieeffizienten Antrieben und sauberen Kraftstoffen gesteckt, sondern auch in Nachrüstungen bestehender Flotten investiert. „Die Kreuzfahrt mit ihren 300 Schiffen ist damit Vorreiter im maritimen Umweltschutz“, so Fiebig.
Klimaschutz könne nur als gemeinsame Anstrengung von Wissenschaft, Politik und der Branche gelingen, um die Umweltbelastungen durch das Reisen weiter zu reduzieren. „Damit die Menschen auch morgen noch gerne reisen – umwelt- und klimabewusst, aber ohne schlechtes Gewissen!“
Darüber hinaus betonte der DRV-Präsident erneut die Bedeutung der Reisewirtschaft für die Stabilisierung der Urlaubsregionen, denn Reisen sorge für Wirtschaftskraft und soziale Zufriedenheit in den Zielgebieten.
In Richtung Politik forderte der Präsident des DRV endlich das Thema Urlaubssteuer vom Tisch zu schaffen: „Der Bundesfinanzminister muss jetzt endlich entschlossen handeln und durch die Veröffentlichung im Bundessteuerblatt und damit für die Allgemeingültigkeit des Urteils sorgen!“
In Sachen Luftverkehrsteuer äußerte Fiebig Unverständnis über die rückwirkende Einführung der Steuer: „Politische Entscheidungen müssen verlässlich sein. Wenn Steuern jedoch rückwirkend angewendet werden, ist dieser Maßstab einfach nicht erfüllt.“ Im Übrigen koste dies laut Hochrechnung des DRV die Reiseveranstalter 28,5 Millionen Euro. Trotz flächendeckenden Protests der Branche mit über 150.000 Emails an die Politik, sei dies nicht zu verhindern gewesen. „Sachorientierte Entscheidungen sehen anders aus“, so Fiebig.
Auch bei der EU-Sammelklage, die gerade von der EU-Kommission auf den Weg gebracht worden sei, drohe wieder Ungemach. „Sie ist unnötig und unverhältnismäßig, sie ist schädlich für unsere Branche.“
In Sachen Brexit äußerte der DRV-Präsident zum Schluss noch die Hoffnung, dass sich mit den bevorstehenden Unterhauswahlen in Großbritannien der Nebel im „land of confusion“ ein wenig lichte, damit endlich Klarheit geschaffen werde.