Berlin – Mit dem „EU-Central Asia Forum“ wurde am Rande des Treffens der EU-Außenminister mit ihren Kollegen aus Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan, Turkmenistan und Tadschikistan Anfang Juli ein neues Dialogformat aufgelegt. Im Mittelpunkt des Austausches stand die Mitte Mai 2019 verabschiedete Zentralasien-Strategie der EU. Unter dem Titel „Die EU und Zentralasien – neue Möglichkeiten für eine stärkere Partnerschaft“ bildet sie die Grundlage für das Engagement der EU – und damit auch Deutschlands – in dieser für die deutsche Wirtschaft zunehmend strategisch bedeutsamen Region.
Ein Kernelement der neuen EU-Zentralasien-Strategie ist die engere Zusammenarbeit bei Wirtschafts- und Energiefragen. So könnte beispielsweise der Einsatz europäischer beziehungsweise deutscher Technologien entscheidend zur Steigerung der Energieeffizienz in der Region beitragen. Die Länder Zentralasiens wären dann nicht nur in der Lage, ihren eigenen Energiebedarf zu decken, sondern auch dazu, zusätzliche Einnahmen durch Exporte zu generieren. Dies wiederum könnte der EU bei der angestrebten Diversifizierung ihrer Energieimporte helfen. Gleichzeitig würde eine engere wirtschaftliche Kooperation europäischen und deutschen Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, substanzielle Erfahrungen in einer Region zu sammeln, in der sie sonst im Rahmen der chinesischen „Belt and Road Initiative“ oftmals nur als Juniorpartner eingebunden werden.
Deutschland war während seiner EU-Ratspräsidentschaft im Jahre 2007 bereits treibende Kraft für die Ausarbeitung der ersten EU-Zentralasien-Strategie. Erforderlich geworden war die Neuauflage der europäischen Zentralasien-Strategie nun wegen aktueller politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen in der Region. Deutschland setzte hierfür im Vorfeld wichtige inhaltliche Impulse und wird auch bei der Umsetzung – insbesondere in Wirtschaftsfragen – eine wichtige Rolle spielen. Beispielsweise sollen mit deutscher Unterstützung 20 Millionen Euro in ein neues Wasserkraftwerk in Tadschikistan investiert werden.
Insgesamt will die EU im Rahmen ihrer Zentralasien-Strategie bis 2020 mehr als eine Milliarde Euro in der Region investieren. Dadurch können sich auch deutsche Betriebe an größeren Infrastrukturprojekten mit europäischer Finanzierung sowie europäischen Umwelt- und Sozialstandards in Zentralasien beteiligen. Von ihrem Know-how und ihrer internationalen Erfahrung können Projekte wie der Ausbau von Häfen oder der Schienen-, Straßen- und Energienetze erheblich profitieren. Das gilt insbesondere für Zulieferer, Qualitätsmanager, den Technologiebereich, für Ingenieurdienstleistungen und den Maschinen- und Anlagenbau.
Bereits in der ersten Fassung ihrer Zentralasienstrategie hatte die EU die Kooperation der fünf Länder untereinander als kritischen Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung der Region herausgestellt. Die Förderung einer stärkeren Vernetzung hat sich in der Vergangenheit oftmals als Herausforderung erwiesen. Derzeit sind neue Impulse zu beobachten, die von den Ländern selbst ausgehen – vor allem die politische und wirtschaftliche Öffnung Usbekistans unter dem neuen Präsidenten Shavkat Mirziyoyev seit Dezember 2016. Bei der Ausweitung der intraregionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit kann sich die EU als fairer Prozessbegleiter einbringen – bei Handelsförderung und rechtlicher Harmonisierung, aber auch beim Aufbau kooperationsfördernder Institutionen.
Mittelfristig könnte sich so das Investitionsklima in den zentralasiatischen Ländern deutlich verbessern. Dies wiederum würde die Chancen erhöhen, dass europäische und deutsche Unternehmen Produktion vor Ort ansiedeln, sich stärker für die Ausbildung von Fachkräften engagieren und so die Wertschöpfung in den Ländern steigern. Damit würde dem übergeordneten Ziel der EU-Zentralasien-Strategie, das Wohlstands- und Stabilitätsniveau in der Region anzuheben, auf nachhaltige Weise Rechnung getragen.