Frankfurt – Das Flugzeug der Zukunft wird von außen nicht anders ausschauen als heutige Modelle. Die eigentliche Revolution findet hinter der Eingangstür statt. Passagiere können sich dann über den Wolken wie auf der Couch daheim Filme auf das eigene Tablet holen. Blitzschnelle Internet-Verbindungen an Bord werden in wenigen Jahren bei vielen Fluglinien Standard sein.
Der US-Konzern Honeywell etwa plant zusammen mit dem Satellitentelefon-Betreiber Inmarsat ein System, mit dem nahezu rund um den Globus Datengeschwindigkeiten von 50 MBit in der Sekunde erreicht werden. Ein zweistündiger HD-Film kann damit in wenigen Minuten heruntergeladen werden. Einen Haken gibt es: Die Bandbreite müssen sich 200 oder 300 Passagiere in einem Flugzeug teilen. Flugzeugzulieferer zerbrechen sich unterdessen die Köpfe, wie man die ganze Elektronik am besten in den engen Flugzeugkabinen verstaut.
Zusatzeinnahmen
Die chronisch finanzschwachen Airlines hoffen, ihren Passagieren für die Internet-Nutzung ein paar Euro oder Dollar extra abknöpfen zu können. Zudem könnten Experten zufolge langfristig sogar die teuren und schweren Bildschirme in der Lehne des Vordersitzes überflüssig werden – dann nämlich, wenn Reisende ihre eigenen Tablet-Computer und Smartphones nutzen. Fluggesellschaften zögern allerdings, denn die Internet-Aufrüstung einer ganzen Jet-Flotte verschlingt schnell einige hundert Millionen Dollar. Zudem hat sich noch kein Standard durchgesetzt. „Wir wollen nicht auf so etwas wie Betamax sitzenbleiben“, sagt Peter Ingram, Finanzchef der US-Fluglinie Hawaiian Airlines. Betamax war ein Videoformat, das in den 80er Jahren im Kampf um die Markthoheit letztlich gegen VHS unterlag – Betamax-Fans, die viel Geld für Videorekorder ausgegeben hatten, schauten in die Röhre.
Lufthansa „hatte Pech“
Die AUA-Mutter Lufthansa kennt das Dilemma. Die deutsche Airline holte das drahtlose Internet bereits vor einem Jahrzehnt mithilfe von Boeing an Bord. Allerdings stellte der US-Flugzeugbauer das Connexion genannte Projekt, in das Lufthansa Millionen investiert hatte, nach ein paar Jahren wegen mangelnder Nachfrage ein. „Wir hatten ein klein wenig Pech“, sagt Konzernchef Christoph Franz der Nachrichtenagentur Reuters. Nun setzt das Unternehmen auf eine andere Technik, dieses Mal von Panasonic und der Deutschen Telekom, die mittlerweile in gut 90 Prozent der Langstrecken-Flugzeuge eingebaut worden ist.
Für einen Teil ihrer Mittelstrecken-Flotte geht die Kranich-Linie einen anderen Weg. Auf 20 der Airbus A321-Jets werden ab Sommer Filme und TV-Serien über das bordeigene WLAN angeboten. Reisende können auf den Dienst über ihre mitgebrachten Mobilgeräte zugreifen. „Jeder Passagier nimmt heutzutage beim Reisen ein Smartphone oder einen Tablet mit“, sagt Jens Bischof, Topmanager im Passagiergeschäft der Lufthansa. Die Nutzung koste nichts extra. Internet-Zugang gibt es bei der Boardconnect genannten Lösung nicht.
Schwere Monitore
Damit könnten auch die Tage der kleinen Monitore im Vordersitz gezählt sein. Die sind nicht nur teuer, sondern auch schwer, da sich hinter den Bildschirmen viel Elektronik, Kabel und Server verbergen. Ohne die Systeme wären Jets nach Angaben des britischen Branchenriesen BAE bis zu 1,4 Tonnen leichter. Für Airlines, die akribisch jedes überflüssige Kilo an Bord vermeiden, um Sprit zu sparen, wäre das eine große Einsparmöglichkeit. Zulieferer für Bordinneneinrichtungen wittern bereits gute Geschäfte. „Bei den neuesten Trends in der Branche geht es um Halterungen für Tablets und Stromanschlüsse“, sagt Mark Hiller, Chef von Recaro Aircraft Seating, zu Reuters. Das Unternehmen aus Schwäbisch Hall, besser bekannt für sein Rennauto-Sitze, hat eine neues Flugzeugsitzdesign entworfen, bei dem die Befestigung für Flachcomputer höher angebracht ist. Idee dahinter: Reisende sollen gleichzeitig auf ihrem Flach-Computer einen Film schauen und den Ausklapp-Tisch darunter nutzen können.
Eingeschränkter Einsatz für Tablets
Die Einsatzmöglichkeiten von Tablets an Bord sind aber begrenzt. Die Lufthansa etwa musste ihr System Boardconnect selbst entwickeln, da es ansonsten keine verlässlichen Lösungen gab, sagt Konzernchef Franz. Die Basisarbeit habe sich gelohnt, da die Technik schon an andere Airlines wie Virgin Australia verkauft worden sei. „Keiner außer uns schafft es, 150 Streams in einem Flugzeug gleichzeitig ausstrahlen.“
Nicht nur die Technik, sondern auch die Zurückhaltung der Hollywood-Studios wird nach Einschätzung von Luftfahrt-Expertin Mary Kirby dafür sorgen, dass fest verbaute Unterhaltungselektronik in Langstrecken-Jets noch lange nicht überflüssig wird. Die Filmstudios nämlich untersagten die Ausstrahlung ihrer neuesten Blockbuster auf Computern und Tablets an Bord – aus Angst vor illegalen Mitschnitten. „Für Fluglinien wie Qatar Airways ist es aber entscheidend, die neuesten Filme im Angebot zu haben“, sagt Kirby, Redakteurin der Flugthemenseite Runway Girl Network. Hollywood sichere den Fortbestand von fest eingebauten Quelle: APA,Â