New York/Shanghai – Die US-Regierung hat dem chinesischen Smartphone-Hersteller Huawei eine dreimonatige Galgenfrist eingeräumt.
Damit soll der Weiterbetrieb von Handys und Computern sichergestellt werden. Huawei darf nun bis zum 19. August US-Produkte kaufen, um seine bestehenden Netze zu unterhalten und Software-Updates für die existierenden Mobiltelefone bereitzustellen, wie das Handelsministerium mitteilte. Der Aufschub gilt jedoch nicht für neue Produkte – für die sind weiterhin Lizenzen nötig.
An den Börsen weltweit herrschte am Dienstag dennoch Erleichterung. In Deutschland legte der Dax gut ein Prozent zu, an der Wall Street erwarteten Broker ebenfalls Gewinne. Vor allem die Aktien von Chipherstellern wie Infineon und Intel legten zu. Das von US-Präsident Donald Trump vergangene Woche ausgesprochene Verbot für Huawei-Produkte hatte Investoren verunsichert, weil sie eine weitere Eskalation des Handelsstreits zwischen China und den USA befürchteten. Trump wirft Huawei vor, dass mit dessen Produkten Spionage für China betrieben werden kann. Der Konzern weist dies zurück.
Durch die Fristeinräumung sollen Telekommunikationsanbieter, Zeit erhalten, Vereinbarungen mit anderen Firmen zu treffen, sagte US-Handelsminister Wilbur Ross. “Diese Erlaubnis bedeutet, dass die existierenden Smartphones und ländlichen Breitbandnetze weiter funktionieren.” Die Regierung in Washington versuche damit zu vermeiden, dass Internet, Computer und Handysysteme zusammenbrächen, sagte der Anwalt und Ex-Ministeriumsmitarbeiter Kevin Wolf. Huawei ist der weltgrößte Netzwerkausrüster und erreicht nach eigenen Angaben mit seinen Produkten über ein Drittel der Weltbevölkerung in 170 Ländern. Eine große Rolle spielt der Konzern beim Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G, der als Grundlage gilt für künftige Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz und autonomes Fahren.
TELEKOM WILL AUF HUAWEI-PRODUKTE VERZICHTEN
Huawei-Gründer Ren Zhengfei sagte in chinesischen Staatsmedien, die US-Regierung unterschätze die Fähigkeiten Huaweis. Kein Unternehmen werde in den kommenden zwei bis drei Jahren bei der 5G-Technologie zu Huawei aufschließen. Rivalen in Europa sind Nokia und Ericsson. Auf deren Produkte will die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile US beim 5G-Ausbau in den USA zurückgreifen. Trump drängt auch die europäischen Länder dazu, auf Huawei zu verzichten. Die EU-Kommission lehnt dies ab und empfiehlt ihren Mitgliedstaaten, für ausreichende Sicherheit der Netze zu sorgen. Mit einem Bann wie in den USA rechnet Huawei in Europa nicht. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire bekräftigte, die Regierung in Paris werde keinen Anbieter ausschließen.
Der europäische Huawei-Repräsentant Abraham Liu warf der US-Regierung “Schikane” vor. “Das ist nicht nur eine Attacke gegen Huawei, sondern gegen die freiheitliche Grundordnung.” So habe Google außer dem Dekret von Trump keinerlei Motivation, nicht mehr mit Huawei zu arbeiten. Die beiden Firmen stünden in engem Kontakt, wie mit den Folgen durch das Geschäftsverbot umgegangen werden könne. Die Google-Mutter Alphabet stoppte Insidern zufolge den Transfer von Bauteilen und Programmen für Huawei. Damit stünden keine Updates mehr für das Betriebssystem Android zur Verfügung.
Huawei gehört zusammen mit Apple und Samsung zu den größten Smartphone-Produzenten der Welt. Branchenkenner rechnen damit, dass sich die Marktanteile verschieben, falls Huawei in Lieferschwiergkeiten gerät, denn ein Großteil der Zulieferer stammt aus den USA. Inwieweit sich die Debatte auf Verkäufe von Huawei-Handy in Deutschland auswirke, lasse sich noch nicht beurteilen, sagte der Chef der Elektronikhandelsholding Ceconomy, Jörn Werner. (Reuters)